Verbunden mit Gott: Gentleman im D Club
: Ein Kölner in Jamaika

Ein Kölner in Jamaika? Wer Böses ahnt hat diesmal unrecht. Nichts nervt Gentleman mehr als jene touristische Rasta-Seligkeit, die seit jeher kulturellen Dialog mit Vereinnahmung verwechselt, die immer alles gleichmacht, was exotisch funkelt. „Culture exchange woulda make me feel strong“, toastet Gentleman über die rollenden Beats aus den riesigen Boxen – und bei ihm klingen solche Zeilen noch erstaunlich frisch. Als 17-Jähriger war er zum ersten Mal auf Jamaika. In einem kleinen Bergdorf, für sechs Wochen. Danach war nichts mehr wie vorher: „Damals habe ich begriffen, daß HipHop ein großartiges Redepodest darstellt, Reggae aber breiter gefächert ist.“ Seitdem steht der Kölner auf der Bühne, in Jamaika sogar mit den Dancehall-Legenden Beenie Man, Ninja oder Sly & Robbie – und jetzt auch mal wieder in Hamburg. „Burn Babylon Burn!“, ruft Gentleman gerne in die Runde – ganz genau so, wie es unzählige Reggae-Musiker vor ihm getan haben. Babylon, das ist für ihn die westliche Welt, das ist in der Reggae-Philosophie noch immer Konsumgesellschaft, Korruption und Nationalismus.

Gentleman ist ein Reisender zwischen den Welten, zwischen Kingston und Köln. Eines seiner Alben hieß Journey to Jah – und es beschreibt den spirituellen Weg, den jeder Mensch im Sinne von Jah zu gehen hat. Die Anklänge an die Rastafari-Religion quellen zähflüssig aus jeder Zeile des Albums, für das Gentleman den Begriff des „Modern Roots“ gefunden hat: „Mir geht es um eine Lebenseinstellung, die ich versuche zu prägen, aufrechtzuerhalten und weiterzugeben. Dieser Zustand ist eine Verbundenheit mit Gott.“

Ausgehend vom Roots-Reggae der späten 60er und 70er Jahre, entwickeln Gentleman und seine Far East Band ihre Musik, doch sind es vor allem die Rhythmen, die von der Modernität des Ganzen zeugen. Die holpernde Vertracktheit des Dancehall-Reggae ist die Basis von vielen Stücken.

Wie sehr sich der Kölner der jamaikanischen Kultur verbunden fühlt, zeigt sich auch in seinem Gesang. Wie kein zweiter in Deutschland beherrscht er das Patois, den jamaikanischen Lokaldialekt – und zwar in schwindelerregendem Tempo. Die Unbeschwertheit, mit der Gentleman sich der fremden Kultur nähert, macht Eindruck in Jamaika, wo seine Alben bei kleinen Plattenfirmen auf Vinyl erscheinen. Mit Bounty Killer und Capleton hatte er zwei der wichtigsten jamaikanischen Dancehall-Stars als Gastsänger auf seinem letztem Album, produziert wurde im Tuff Gong-Studio, der ehemaligen Wirkungsstätte von Bob Marley selbst. In Hamburg stellt Gentleman sein neues Album Confident vor. Marc Peschke

So + Mo, 19.30 Uhr, D Club