Wo flickt der Chef persönlich?

Bremen suchte den Superstar in Sachen Rad und vergibt den Superlativ „fahrradfreundlichst“ an Transocean Tours

Bremen taz ■ Bremens eifrigste Radfahrer sind Kreuzschiffer. 34,28 Prozent der MitarbeiterInnen der im Schnoor ansässigen Transocean Tours Touristik GmbH fanden sich bereit, an 20 von 90 Tagen des vergangen Sommers ihr Büro per Rad aufzusuchen. Damit errangen sie ihrer Firma den Titel „fahrradfreundlichster Betrieb von Bremen“ – jetzt wurde er ihnen von Umwelt- und Verkehrssenator Jens Eckhoff offiziell zuerkannt.

Der erstmals vergebene Superlativ bezieht sich nicht nur auf die Sattelfestigkeit der Angestellten, sondern auch auf die Leistungen ihres Betriebs. Gibt es bei den KreuzschifferInnen also einen Flickservice für Pannenversehrte? Zumindest einen allgemein zugänglichen Werkzeugkasten? Heiße Duschen? Oder gar Gehaltsanreize für besonders aktive Pedalisten? „Eine schöne Idee“, sagt Annette Schudy, Public Relaterin des 74-Personen-Firma. Die Meriten ihres Hauses seien jedoch andere: Stellplätze (10 davon in der Garage), gemeinsame Radtouren und Umkleidemöglichkeiten. Damit erfüllt Transocean Tours immerhin einen Teil der vom ADFC aufgestellten Kriterien. Nicht zu vergessen: Die ebenfalls geforderte „Vorbildfunktion leitender Angestellter“, die Geschäftsführer Peter Waehnert mit einer regelmäßigen 16 Kilometer-Tour durchaus ausfüllt. Werden seine jährlich rund 30.000 Fluss- und Hochseepassagiere jetzt ebenfalls zum Radeln angehalten? „Wir wollen unsere Aktivausflüge ausbauen“, erklärt der Chef, „Kreuzfahrt bleibt aber unser Kerngeschäft.“ Eine nahe liegende Entscheidung, schließlich wird bei Transoceans für jährlich rund 75 Millionen Euro Schiff gefahren. Der Fahrradpreis beschert seinem Betrieb eher logistische Gewinne: Einen plakettenverzierten Fahrradständer, einen ADFC-geführten Betriebsausflug sowie kostenlose Mobilitätsberatung.

Der Preis ist eingebettet in die Gesamtaktion „Mit dem Rad zur Arbeit“, bei der sich Bremen mit über 3.000 TeilnehmerInnen aus dem Stand auf den ersten Platz des von der AOK bundesweit organisierten Mobilitätsprogramms geschoben hat. In Niedersachsen, wo dieses Jahr ebenfalls erstmals fürs Arbeitsplatzradeln geworben wurde, habe es eine proportional „deutlich geringere Resonanz“ gegeben, sagt Kassensprecher Jörn Hons. Nun rechnet er mit einem stetig wachsenden Bewerberfeld. Waehnert sieht der zukünftig zu erwartenden Konkurrenz siegessicher entgegen: „Wir werden unseren Titel verteidigen.“

Henning Bleyl