Katastrophe im Senat

Republikaner setzen sich auch bei Kongresswahlen durch. Demokratischer Minderheitenführer verliert sogar Mandat

AUS WASHINGTON BERND PICKERT

Dass die Demokraten es nicht schaffen würden, den Kongress insgesamt zurückzuerobern, hatte kaum jemand bezweifelt. Doch wie die Wahl zu Senat und Repräsentantenhaus tatsächlich ausging, ist für die Demokraten eine Katastrophe. Statt die bisherige knappe republikanische Mehrheit von 51 zu 48 Senatoren (und 1 unabhängiger) umzudrehen oder wenigstens auszugleichen, haben stattdessen die Republikaner voraussichtlich drei oder vier Sitze hinzugewonnen. Damit nähern sie sich der magischen Grenze von 60 Senatoren – eine Mehrheit, die ihnen eine beliebige Hoheit über die Tagesordnung gäbe.

Auch im Repräsentantenhaus konnten die Republikaner ihre Mehrheit um mindestens fünf Sitze ausbauen. Von den 435 Sitzen galten hier nur rund drei Dutzend als umkämpft, nachdem alle Parteien die Ergebnisse des letzten Zensus zu umfassenden Neuordnungen der Distrikte genutzt hatten, die den jeweiligen Amtsinhaber klar favorisierte. Auch ein Teil des Zugewinns der Republikaner liegt an diesen als „gerrymandering“ bekannten Neuordnungen.

Besonders traumatisch: In South Dakota hat der bisherige Minderheitenführer im Senat, der Demokrat Tom Daschle, seinen Senatssitz an seinen republikanischen Herausforderer John Thune verloren. Thune, ein früherer Basketballstar, gilt als harter Konservativer. Daschle ist der erste Fraktionschef seit 52 Jahren, der bei einer Wiederwahl seinen Senatssitz verliert. Er war ins Fadenkreuz des republikanischen Parteiapparats gelangt, der Millionenbeträge aufwandte, um den Minderheitenführer aus dem Amt zu drängen.

Die einzige wirklich gute Nachricht für die Demokraten kommt aus Illinois, wo der schwarze Kandidat Barack Obama, 43, einer der Starredner beim demokratischen Wahlparteitag in Boston, den bisher von einem Republikaner gehaltenen Sitz mit klarer Mehrheit gewinnen konnte. Obama ist damit der derzeit einzige Schwarze im Senat und erst der dritte überhaupt. Auch der einzige Hispanic im Senat kommt von den Demokraten: In Colorado gewann Ken Salazar das Rennen gegen den Biernamensgeber Pete Coors. Bislang hatten die Republikaner den Sitz inne.

Schon in der ersten Amtszeit der Regierung Bush hat die republikanische Kongressführung eine extrem polarisierende Politik betrieben. Hatte Bush noch im 2000er-Wahlkampf angekündigt, er wolle die parteiübergreifende Zusammenarbeit suchen, so achteten seine beiden Kettenhunde im Kongress, Dennis Hastert und Tom Delay, vor allem auf strikt ideologisch ausgerichtetes Wahlverhalten gemäß den Parteilinien. Im Falle eines Wahlsiegs Kerrys, so wurde befürchtet, würden sich Legislative und Exekutive in ständigem Widerspruch gegenseitig blockieren wie einst unter Bill Clinton. Unter dem damaligen konservativen Haussprecher Newt Gingrich hatte der Kongress alles darangesetzt, Clinton wegen der Lewinsky-Affäre aus dem Amt zu jagen – Clinton seinerseits hatte fast jedes Gesetz des Kongresses mit einem Veto blockiert.

Galt es noch in den 90ern als Regelfall, dass die der Bundesregierung grundsätzlich skeptisch gegenüberstehenden US-Amerikaner lieber eine andere Partei im Kongress an der Mehrheit wissen als im Weißen Haus, so ist derzeit von dieser gesunden Arbeitsteilung nichts zu bemerken. Die Republikaner behalten Regierung und Legislative fest im Griff. Die Moderaten in den eigenen Reihen sind durch die Wahl eher geschwächt worden.

Bei den elf Gouverneurswahlen, die ebenfalls am Dienstag stattfanden, ergab sich keine Mehrheitsveränderung. In Indiana hat der republikanische Herausforderer Mitch Daniels gegen den demokratischen Gouverneur Joe Kernan gewonnen, dafür verlor der republikanische Gouverneur Craig Benson in New Hampshire sein Amt gegen den Demokraten John Lynch.