Strom-Monopoly mit Bremen

Der niedersächsische Stromkonzern EWE kauft sich in die Bremer Stadtwerke swb ein. EWE und Bremen schließen eine Fusion der beiden Unternehmen nicht aus. Bremen versucht, sich gegen die Verlagerung des Firmensitzes abzusichern

Aus BremenKLAUS WOLSCHNER

Strom kommt aus der Steckdose. Da interessiert die Verbraucher meist wenig, welcher Briefkopf auf der Rechnung steht. Gleichzeitig ist der Energiemarkt ein wirtschaftspolitisch heiß umstrittenes Pflaster. Seit der Nazizeit war die deutsche Energiewirtschaft mit „Demarkationslinien“ politisch aufgeteilt, erst vor wenigen Jahren hat die EU die „Liberalisierung“ dieses Marktes erzwungen. Wenn die Oldenburger EWE nun für den stolzen Preis von 305 Millionen Euro – 100 Millionen über dem Buchwert – 23 Prozent Anteile an den Bremer Versorgungsunternehmen SWB übernimmt, ist das aber immer noch kein rein privatwirtschaftlicher Vorgang, sondern ein politisches Thema, das vom Bremer Rathaus intensiv begleitet wird.

Ein Blick auf Hamburg erklärt, warum das Interesse so hoch ist: Die Hamburger Elektrizitätswerke wurden an den Vattenfall-Konzern mit Sitz in Berlin verkauft und seitdem ist das HEW-Beispiel für Hamburg einer der Negativ-Punkte in der wirtschaftpolitischen Bilanz: Mit den Firmenzentralen gehen auch Arbeitsplätze flöten. Als Bremen vor Jahren seine Anteile an den damaligen Stadtwerken bis auf einen Rest von 13,6 Prozent verkaufte, da war die holländische Essent der Wunschpartner und bekam für 46 Prozent der Anteile 51 Prozent der Stimmrechte übertragen: Essent sollte Bremen als Brückenkopf nutzen, um auf dem deutschen Strommarkt einzusteigen. Die Oldenburger EWE, die das ganze niedersächsische Umland und auch Bremerhaven mit Strom versorgte, war damals nicht als Partner erwünscht, hatte Bremen doch in schlechter Erinnerung, wie die EWE die andere Bremer Stromfirma, die ÜNH, übernommen und platt gemacht hatte: Die Firmenräume der alten ÜNH an der Stresemannstraße stehen heute noch leer.

Die Hoffnung, dass die Essent den Bremer Standort stärken könnte, wurde aber schnell enttäuscht: Essent machte ihre Düsseldorfer Deutschland-Zentrale nicht zugunsten des Bremer Standortes dicht. Aber auch Essent war enttäuscht von der deutschen Tochter: die Strompreise sanken und die SWB brachten keine Dividende. Als jetzt die Eon ihr Anteilspaket (34 Prozent) an der SWB auf Druck des Berliner Kartellamtes verkaufen musste, da sah man es im Bremer Rathaus eher als bedrohlich an, wenn die Essent ihre Position weiter ausbauen könnte. So war der Weg bereitet für eine Kooperation mit dem Oldenburger Energie-Unternehmen.

Wie vormals mit Essent hat das Bremer Rathaus wieder einen umfangreichen Kooperationsvertrag mit dem neuen Partner EWE abgeschlossen. Offensichtlich will sich Bremen so gegen die Übernahme aus Oldenburg vertraglich absichern. „Mittelfristig schließen die Parteien eine Fusion von EWE und SWB nicht aus“, heißt es in dem Vertrag. Im Falle einer Fusion soll die EWE sich aber dafür einsetzen, dass der Firmensitz der gemeinsamen Holding nach Bremen verlagert wird. Die Zahl der Mitarbeiter in Bremen soll erhalten oder sogar ausgeweitet werden. Gleichzeitig verpflichtet sich die EWE wie ein Bremer Unternehmen zum Kultur-Sponsering beizutragen und pro Jahr knapp eine Million Euro zu spenden, besonders soll die EWE das Musikfest und den Fußballclub Werder Bremen fördern. Dass der Betriebsrat der swb den neuen Partner so euphorisch begrüßt hat, hängt mit der Hoffnung zusammen, die EWE könnte angesichts steigender Strompreise an den bremischen Kraftwerks-Kapazitäten interessiert sein. Die EWE hat keine eigenen Stromerzeugungs-Kapazitäten und will ihre Geschäftsaktivitäten auf die Gebiete der Energieerzeugung verlagern. Unter der Leitung von Essent wurden dagegen weitreichende Stillegungspläne entwickelt.