WERBEPAUSE

Haben Sie schon einmal versehentlich statt ihres Kindes ihren Hund gefüttert? So wie die junge Frau vor dem Flachbildmonitor in der Fernsehwerbung? Sind Sie schon einmal freudetaumelnd durch Ihren Glasfassadenbungalow getobt? So wie eine andere junge Frau im gleichen Werbespot? Haben Sie vielleicht schon mal, ganz und gar geschüttelt vom Glück, Ihren Computer umarmt? Und war an all dem der erfüllende Akt der Konsumtion schuld? Die Erlösung, so erzählt uns das keineswegs virtuelle Auktionshaus eBay in einem epischen Werbemärchen, liegt oft nur einen Mausklick entfernt. Porto, Verpackung und Transportversicherung noch nicht mitgerechnet. Die Erlösung stiftet das Ding am anderen Ende der digitalen Einkaufsstraße. Und dieses Ding ist „drei, zwei, eins … meins!“ – denn eBay verdient sein Geld mit dem Schlüsselreiz „haben wollen!“. Aber stand da – auch und gerade in der eBay-Werbung – nicht einmal eine andere Lesart im Vordergrund? Machte das Internetauktionshaus nicht eben noch auf digitalen Kommunismus, auf ein Produkt-Sharing gewissermaßen, dass, konsequent weitergedacht, einem globalen Tauschhandel gleichkommen würde? Ding ersteigern, Ding benutzen, Ding an den nächsten Benutzer weiterversteigern, so lautete eine in ganzseitigen Anzeigen verbreitete eBay-Gebrauchsanleitung. In diesen Zeiten der Krise aber erinnert man sich auch bei eBay an die Heilsversprechen der fordistisch organisierten Warendemokratie. Und die heißen eben „haben wollen!“. Oder aber „meins!“. CLEMENS NIEDENTHAL