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Mehr Chips für Dresden

In Sachsen entsteht das zweite AMD-Werk, das Computersegen für alle und 1.000 Arbeitsplätze bringen soll. Es kostet eine halbe Milliarde Steuergeld

aus Dresden MICHAEL BARTSCH

Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) rieb sich die Hände: Politik, Management und Verwaltung hätten über das größte Investitionsprojekt in Sachsen lange „die Klappe gehalten“. Dresdens Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP) stand ihm nicht nach, als er mitteilte, die Erschließung des Baugeländes für ein neues AMD-Werk habe unbemerkt bereits im August begonnen, die Baugenehmigung liege seit drei Wochen vor. Damit sind die Überraschungen schon benannt, denn die „bedeutende Mitteilung“ der AMD-Konzernspitze gestern in Dresden war größtenteils schon erwartet.

Die Entscheidung, Dresden den Vorrang vor Konkurrenten in Südostasien und im Raum New York zu geben, fiel nach Angaben von AMD-Präsident Hector Ruiz bereits vor vier Wochen. In unmittelbarer Nachbarschaft zu der seit drei Jahren produzierenden AMD-Chipfabrik am Rande der Stadt entsteht bis 2006 ein zweites Werk, die „Fab 36“.

Es geht dabei um mehr als nur eine quantitative Erweiterung. Auch qualitativ werde das Projekt „globale Wirkung“ zeigen, meint Hans Deppe, Chef der AMD Saxony. Hier soll die neue Prozessoren- und Speichergeneration auf der Basis von 64 statt bisher 32 Bit Verarbeitungsbreite gefertigt werden. Die Strukturen nähern sich dabei schon den atomaren Grenzen im Nanometerbereich. Der 300-mm-Wafer erlaubt etwa die doppelte Ausbeute an Chips aus einer Siliziumscheibe als bisher üblich. Dieser Technologie wurde 1999 ebenfalls in Dresden zum Durchbruch verholfen.

Folgt man der Euphorie von AMD-Präsident Hector Ruiz, geht es bei der 2,4-Milliarden-Dollar-Investition (2,02 Milliarden Euro) nicht nur ums Geldverdienen. Menschheitsbeglückung, eine „Mission“, die 64-Bit-Technik Millionen von Menschen zugänglich zu machen, stehe auf der Firmenagenda. Ruiz steckte die versammelte Prominenz mit seinem Glauben an den wissenschaftlichen Fortschritt an. Mikroelektronik spiele unter anderem bei der Entschlüsselung des menschlichen Genoms eine Rolle, mit der es dereinst gelingen werde, Krankheiten aus unserem Leben zu verbannen.

Das lassen sich AMD und Partner einiges kosten. 900 Millionen Dollar bringt AMD an Eigenkapital ein. Darüber hinaus beginnt schon der Finanzierungsanteil, der den Steuerzahler interessiert. Der 700-Millionen-Dollar-Kredit, den ein Bankenkonsortium unter Führung der Dresdner Bank gewähren will, wird zu 80 Prozent vom Bund und dem Freistaat Sachsen durch Bürgschaften gesichert. Sagenhafte 500 Millionen fließen als direkte Förderbeihilfen aus der Gemeinschaftsaufgabe je hälftig von Bund und Land. Die EU-Kommission muss diese Subventionen allerdings noch genehmigen. Schließlich kauft sich der Freistaat Sachsen auf Betreiben Milbradts mit 200 Millionen Euro Beteiligung selbst ein.

Woher nimmt Finanzminister Horst Metz (CDU) das Geld angesichts der dramatischen Haushaltslage? „Wir setzen unsere Mittel konzentriert ein und haben zuvor einen Konsolidierungsbeitrag aller Ressorts angespart“, sagt er der taz. Diese attraktiven monetären Köder dürften es vor allem gewesen sein, die schon Mitte der 90er-Jahre den Halbleiterproduzenten Infineon und wenig später AMD nach Dresden zogen. Jenseits aller Fortschrittslyrik ist aber auch das schon in DDR-Zeiten gewachsene Wissenschafts- und Forschungspotenzial Dresdens für die Standortwahl maßgeblich. „Nur vier Regionen weltweit können solch eine Einrichtung tragen“, lobt Präsident Ruiz. Nicht von ungefähr findet in Dresden parallel zum ersten AMD-Spatenstich ein internationales Nanotechnologie-Symposium statt. Das bestehende AMD-Werk wurde dieses Jahr zur weltweit produktivsten Chipfabrik gekürt.

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