Umkämpfte Romantik

Die Saga will die Elbtreppen-Häuser teilweise abreißen und den jetzigen Mietern mit günstigen Konditionen in einem Neubau entgegenkommen. Die Mieter jedoch lehnen die Saga-Pläne ab

VON JOSEPH VARSCHEN

Neumühlen entlang der Elbe stehen sie verträumt auf einem kleinen Hang, umgeben von Bäumen: die Elbtreppen-Häuser. Die Bewohner genießen bei einem Mietpreis von vier Euro pro Quadratmeter den wohl preiswertesten Elbblick Hamburgs.

Nach einem Bericht von NDR 90,3 hat die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) den Abriss von drei Häusern der Heuburg nun endgültig beschlossen. Die Saga hält eine Restaurierung der Gebäude für finanziell unmöglich. Entstehen soll an der Stelle der drei Häuser ein fünfstöckiger Neubau.

Seit Oktober 2005 liegen Mieter, Saga und Stadt im Clinch. „Es ist noch nichts endgültig entschieden“, dementiert Helma Krstanoski von der BSU die Meldung des NDR. Auch im Bezirksamt Altona liegen bisher weder Abriss-, Sanierungs-, noch Bauanträge vor.

Allerdings haben Saga, BSU und der Bezirk Altona den Bewohnern Anfang April einen Vorschlag unterbreitet. Demnach sollen tatsächlich drei Häuser abgerissen werden, den Mietern werde eine Rückkehr in die Neubauten garantiert. Nach Bebauungsplan genießen die Gebäude zwar keinen Denkmalschutz, allerdings muss der Ensemblecharakter gewahrt bleiben. Das bedeutet, auch der Neubau würde nur drei Stockwerke hoch werden.

Eine effektivere Bauweise werde Platz für über elf neue Wohnparteien schaffen. Im Gegenzug für die verschonten Gebäude erhält die Saga das angrenzende Nachbargrundstück westlich der Heuburg. Dort soll ebenfalls neuer Wohnraum geschaffen werden, zu exklusiven, Elbufer-typischen Konditionen.

Ein Angebot, das Susanne Gerriets von der Mieterinitiative Elbtreppe ablehnt: „Wir ziehen nicht aus, bis zur mieterfreundlichen Alternative.“ Die „mieterfreundliche Alternative“ für die Elbtreppen ist Teil des Koalitionsvertrags, allerdings ist sie nicht näher definiert. Gerriets wünscht sich den Erhalt der Häuser und wirft der Saga vor, sie habe die Gebäude gezielt verkommen lassen. Seit 1980 seien nur noch Notfallreparaturen an den Gebäuden durchgeführt worden. „Wir haben hier ein kleines Paradies und das darf nicht einfach zerstört werden“, sagt Gerriets.

Unterstützung bekommen die Mieter auch aus oppositionellen Reihen. Der baupolitische Sprecher Altonas Mark Classen (SPD) betrachtet das Angebot der Saga ebenfalls skeptisch. „Die schlechter erhaltenen Gebäude sollen angeblich saniert werden. Ich sehe da eine Mogelpackung, bei den Abrissarbeiten wird dann zufällig festgestellt, dass alle Gebäude weg müssen.“ Es sei ein Unding, „dass nur Reiche an der Elbe wohnen können“, bekräftigt Melanie Schlotzhauer, Kreisvorsitzende der SPD in Altona.

Die Saga ist zu keiner Stellungnahme bereit und verweist auf die BSU. Diese wiederum sieht die Mieterinteressen inzwischen genügend vertreten: drei Mietparteien wohnen noch in abrissgefährdeten Häusern. Jedem werde eine Rückkehr in das Ensemble zu günstigen Mieten garantiert und auch neue Mieter werden in staatlich geförderte Wohnungen einziehen können. Alles andere wäre laut einem BSU-Beamten Überprivilegierung und ungerecht gegenüber anderen Mietern.

Seit 2006 sind die Bewohner in einer Genossenschaft organisiert und versuchen, der Saga das Ensemble abzukaufen. 2007 forderte die Saga 3,6 Millionen Euro für das Objekt, die Anwohner konnten nur ein Drittel der Summe bieten. Jetzt wollen sie ein neues Angebot wagen, doch dem Kaufversuch werden von Saga und BSU kaum Chancen eingeräumt.

Falls die Saga noch 2009 einen Bauantrag einreichen sollte, würden die Arbeiten an den Elbtreppen frühestens nächstes Jahr beginnen. Solange bleibt der kleine Flecken Arbeiterromantik an der Elbe. Ein Erhalt des gesamten Ensembles gilt in Behördenkreisen als unwahrscheinlich.