KURZKRITIK: KRACHKULTUR
: Leuchtende Literatur

Bremens einzige ernstzunehmende Literaturzeitschrift, besser, zumindest aber auch: die einzige, ist Krachkultur. Klingt vielleicht nach Suff-, Bums- und-Pöbelliteratur. Aber das täuscht.

Dabei darf es durchaus derb zur Sache gehen, wenn Herausgeber Martin Brinkmann und sein in Leipzig ansässiger Kollege Fabian Reimann ans Werk gehen. So schließt die neueste Ausgabe der Krachkultur mit „Kulmbach Psycho“, der Schilderung eines Kriminalfalls, der die einschlägig bekannten Geschichten und Geschichtchen aus Weltliteratur und Weltspiegel in einem neuen Licht erscheinen lässt.

Anderes ist weit subtiler wie die leise Trauer der hier exklusiv in Originallänge erscheinenden Story „Ferne“ von Raymond Carver oder „Das größte Lebewesen der Welt“ von Stefan Beuse. Und so steht auch sonst nebeneinander, was sonst wohl nur selten zueinander findet: der literatur-archäologische Fund, wie hier ein bislang ebenfalls unveröffentlichter Text des Horror-Klassikers H.P. Lovecraft, neben Lyrik von heute, liebevoll begleitet von so leidenschaftlichen wie literaturwissenschaftlichen Essays, Grafik und anderen Texten, ein jeder eine Entdeckung – was die Wochenzeitung Die Zeit zu dem Lob hinriss, Krachkultur sei „die Hoffnungswiese der Literatur-Revolution“. Außerdem: Der Umschlag leuchtet im Dunkeln!

Andreas Schnell

10 Euro, Verlag Krachkultur