Inbrunst und Ekstase

Entschlossen, Alba aus der Krise zu helfen, jubelt das Publikum die Basketballer zum 90:72 gegen den MBC

Ein kleines Sammelsurium der Fehlleistungen, das sich die Basketballer des Mitteldeutschen BC im ersten Viertel der Bundesligapartie bei Alba Berlin leisteten: drei vermasselte Korbleger, ein verpatzter Konter in Überzahl, die großzügige Überlassung zweier Rebounds an die Berliner nach von diesen vergebenen Freiwürfen, die überflüssige Berührung eines einsam ins Aus segelnden Alba-Fehlpasses, ein technisches Foul gegen MBC-Coach Henrik Dettmann bei eigenem Ballbesitz schon in der ersten Minute. Der ideale Aufbaugegner also für ein durch zwei Europaliga-Pleiten gebeuteltes Alba-Team, sollte man meinen, und der Endstand von 90:72 scheint dies deutlich zu belegen.

Doch ganz so simpel lag die Sache nicht, immerhin hatten die Gäste im dritten Viertel trotz aller Missgeschicke und wenig wohlwollender Schiedsrichter noch 52:48 geführt. Die starke Alba-Phase, die dann folgte, warf jedoch nicht nur einen barmherzigen Mantel des Vergessens über die zeitweise lausige Qualität des beidseitig gespielten Basketballs, sondern ließ den Abend zudem zu einem äußerst erfreulichen für Heimteam und Zuschauer werden.

Zwei Dinge hatte Alba nach der katastrophalen Darbietung gegen Slask Wroclaw in der Max-Schmeling-Halle anderthalb Wochen zuvor und dem chancenlosen Auftritt in Valencia am vergangenen Mittwoch zu bewerkstelligen: die Rückgewinnung der eigenen Fans und die Wiedererlangung einer Art von spielerischer Contenance, die gegen Wroclaw komplett verloren gegangen war. Beide Aufgaben wurden zur Zufriedenheit gelöst. Entgegen aller Befürchtungen, die Anhänger erstmal vergrault zu haben, kamen gegen den MBC 7.406 Menschen in die Halle, die ihr Team geradezu inbrünstig anfeuerten. Bei einem Dunk von DeJuan Collins und einem Alley-Hoop von Simon Szewczyk, spektakulären Highlights einer ansonsten eher kampfbetonten Partie, gerieten die Leute sogar richtiggehend in Ekstase. Noch nach dem Spiel war Alba-Coach Emir Mutapcic sichtlich gerührt über die Solidarität und unverbrüchliche Treue der Fans.

Spielerisch setzte sich fort, was sich bereits in Valencia angedeutet hatte. Wenn die Defense stark spielt, klappt es irgendwann auch in der Offense. Der vom Publikum zu Beginn begeistert gefeierte Exberliner Wendell Alexis erlebte einen schwarzen Tag im MBC-Trikot, und als auch noch der in der ersten Halbzeit starke Misan Nikagbatse abbaute, ging gar nichts mehr beim Mitteldeutschen-Team. Besonders positiv für Alba, dass es im Rahmen solider Teamdefense gerade die Neuzugänge John Best und Szewczyk waren, die Alexis nur sieben Punkte gestatteten. Bester Alba-Akteur wiederum war neben Stefano Garris und dem verlässlichen Vladimir Petrovic mit Spielmacher Collins ausgerechnet der Sündenbock des Wroclaw-Matches.

Dieses scheint nun verdaut zu sein, Alba Berlin hat erst einmal sein Gleichgewicht wieder gefunden. Bleibt nur zu hoffen, dass es am Mittwoch im Europaligamatch gegen Tau Vitoria nicht gleich wieder zertrümmert wird. MATTI LIESKE