Trübe Aussichten für Zukunft der Geschichte

Die Geschichtsforschung in Köln leidet unter drastischen Kürzungen der städtischen Mittel, so das Resümee einer Diskussion im Zeughaus. Kulturpolitiker klagen wortreich mit, haben aber außer Worthülsen nicht viel zu bieten

Köln taz ■ „Die Stadt hat offenbar kein Interesse daran, dass sich die Menschen mit der Geschichte Kölns beschäftigen“, kritisierte Fritz Bilz den derzeitigen Zustand der städtischen Geschichtsinstitutionen. Der „Förderverein Geschichte in Köln“ hatte den Historiker und Mitbegründer der Geschichtswerkstätten in Brück und Kalk am vergangenen Wochenende ins Zeughaus eingeladen, um gemeinsam mit den Kulturpolitikern der Ratsfraktionen über „Die Zukunft der Geschichte in der Stadt Köln“ zu diskutieren. Anlass war das 15-jährige Bestehen des Fördervereins, der vorwiegend jungen Historikern ein Forum bietet und die Zeitschrift „Geschichte in Köln“ und die Quellensammlung „Bausteine zur Stadtgeschichte“ herausgibt.

Konkret bemängelte Bilz die verschlechterten Recherchemöglichkeiten in den städtischen Archiven. So seien im Historischen Archiv der Stadt aufgrund von Sparmaßnahmen die Öffnungszeiten stark eingeschränkt worden, die Kopierkosten erheblich erhöht und eine Nutzungsgebühr für Schüler eingeführt worden. Im NS-Dokumentationszentrum müssten Schulklassen wegen der verkürzten Besuchszeiten sogar abgewiesen werden. Während in München oder Hamburg die Geschichtswerkstätten jährlich bis zu 400.000 Euro für ihre Arbeit bekämen, sei dies in Köln offenbar nicht möglich. Der Geschichtswerkstatt Kalk drohe sogar Ende des Jahres die Schließung, da die Mittel für die VHS Kalk gestrichen würden. Dies seien keine guten Voraussetzungen, damit sich die Kölner mit der Historie ihrer Stadt beschäftigen können. „Wir müssen andere Prioritäten setzen“, forderte Bilz.

Auch der frisch gebackene Vorsitzende des Kulturausschusses, Lothar Theodor Lemper (CDU), sah eine „Menge von Irritationen“, die es in der Vergangenheit in der hiesigen Kulturpolitik gegeben habe. „Dadurch hat Köln Schaden genommen“, gab Lemper zu. Wegen der dramatischen Haushaltslage seien die freiwilligen Ausgaben für Kultur weiterhin gefährdet. Lösungen hatte der CDU-Politiker allerdings nicht parat. Stattdessen forderte er ganz allgemein „mehr Selbstverantwortung für die einzelnen Einrichtungen“. Und es gebe ja auch Perspektiven, befand Lemper: etwa die Erweiterung des Stadtmuseums oder die Besetzung der Leitung des Historischen Archivs.

Hans-Georg Bögner (SPD) blies ins selbe Horn. Die Kultur in der Stadt böte seit vier Jahren ein „Jammerbild“. Es habe an Moderation und Planung gemangelt. „Für uns ist Kultur eine Pflichtaufgabe“, beteuerte Bögner mit Blick auf die Haushaltslage. Die historischen Institutionen in Köln seien seit Jahren unterversorgt. Gegen die drohenden Stellen- und Mittelkürzungen müssten Dämme gebaut werden. Wie und womit die Dämme gebaut werden sollen, verschwieg der SPD-Kulturpolitiker jedoch geflissentlich. Auch er wartete nur mit der altbekannten Formel von „mehr bürgerschaftlichem Engagement“ auf. Konkret wurde Bögner nur in Richtung Geschichtswerkstättten. Die finanzielle Situation in Hamburg und München sei mit der Kölns nicht vergleichbar, widersprach er der Kritik von Bilz. In beiden Städten flössen viele Landesmittel in die Kulturpolitik. In Köln hingegen seien dies alles Eigenmittel.

Trotz der Etatprobleme müsse das historische Bewusstsein gestärkt und Geschichte erlebbar bleiben, forderte – wie schon die anderen – FDP-Politiker Lorenz Deutsch. Aber auch er hat offenbar keinen Plan, wie die Misere der Kulturpolitik zu lösen ist.

Ein paar Ideen hatten die Politiker dann doch noch: So schlug Deutsch ein Haus und Museum für jüdische Geschichte vor. Lemper plädierte für ein „Jahr der Geschichte“ in Köln. Davon waren auch Bilz und der SPD-Mann angetan: So könnten sich alle historischen Institutionen Kölns der Öffentlichkeit gezielt präsentieren. Thomas Spolert