Reinhold Schünzels „Halloh Caesar!“ beim CineFest im Metropolis
: Vergessene Komödien

Der „household name“, der er in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts laut Filmhistoriker Thomas Elsaesser war, ist Reinhold Schünzel zwar noch nicht wieder (das wäre vielleicht auch etwas viel verlangt). Aber ein Platz in der deutschen Filmgeschichte neben den Langs, Murnaus, Pabsts und Lubitschs wird dem Darsteller, Autor, Regisseur und Produzent heute nahezu vorbehaltlos zugestanden. Entscheidenden Anteil daran haben die Filmforscher von CineGraph, dem Hamburgischen Centrum für Filmforschung, und dessen Partnerinstitutionen im In- und Ausland, die dem in St. Pauli geborenen und aufgewachsenen „totalen Filmemacher“ 1988, zu seinem 100. Geburtstag, ihren ersten Internationalen Filmhistorischen Kongress widmeten.

Dass nun im erweiterten Rahmen des „Festivals des Deutschen Film-Erbes“ einige der markantesten Arbeiten des vor 50 Jahren gestorbenen Schünzel wieder auf dem Programm stehen, ist bei einem Fokus auf „Die deutsche Filmkomödie vor 1945“ und dem Beitrag jüdischer Komödianten und Filmschaffender dazu gar nicht anders denkbar. Schünzel, dessen turbulente Karriere Hans-Christoph Blumenberg 1995 in einem die Grenzen zwischen fiktiv und dokumentarisch souverän missachtenden Biopic nachzeichnete, hat nicht nur in der Travestie-Komödie Viktor und Viktoria von 1933 die Geschlechtergrenzen auf bis heute erfrischende Weise aufgehoben. Er, der als Sohn einer jüdischen Mutter mit einer „Sondergenehmigung“ bis 1937 weiterarbeiten durfte, weil man auf seine musikalisch schmissigen Komödien nicht verzichten wollte, verweist schon 1926 in Halloh – Caesar! so selbstreferenziell auf seine eigene Rolle als kompletter auteur vor und hinter der Kamera, dass heutige Interpreten darin postmoderne Qualitäten entdecken.

Eckhard Haschen

Cinefest: 13.–21.11., Metropolis; „Halloh – Caesar!“: Sa 20 Uhr