FU-Präsident Lenzen zückt das Skalpell

An der Freien Universität setzt das Präsidium auf flächendeckendes Sparen, nicht auf Amputation ganzer Fachbereiche. Besonders leiden werden laut FU-Präsident Lenzen Geschichte und Soziologie. Die Studierenden lehnen die Pläne ab

Als „Seriosität der geordneten Hinnahme“ schalt Peter Grottian, Politikprofessor am Otto-Suhr-Institut, die Sparpläne, die Dieter Lenzen, Präsident der Freien Universität (FU), gestern erstmals öffentlich präsentierte. Lenzen solle „nicht Mist als Weihnachtsplätzchen verkaufen“.

Die meisten Studenten, die sich um neun Uhr im Audimax eingefunden hatten, um sich über die Strukturplanung der Unileitung zu informieren, nahmen Lenzens Ausführungen gelassener. Während vergangenen Mittwoch noch Protestierende eine Sitzung des Akademischen Senats gestürmt hatten, lauschten die Studis dieses Mal dem Vortrag über Alleinstellungsmerkmale, Drittmittelbeschaffung und Absolventenquoten.

Nicht Amputation, sondern chirugische Präzision kennzeichnet die Sparmaßnahmen des FU-Präsidiums: Statt wie die Humboldt-Uni ganze Fakultäten zu schließen, hat sich Lenzen für flächendeckendes Sparen entschieden: Von der insgesamt zwischen 2006 und 2009 zu erbringenden Einsparsumme von 37 Millionen Euro sollen 17 Millionen im Bereich Verwaltung und Sachmittel gespart werden und 20 Millionen durch Kürzungen in der Wissenschaft. Insgesamt sollen 80 Professuren und rund 3.000 Studienplätze wegfallen.

Besonders hart trifft es die Geschichtswissenschaft, die 7 von 16 Professuren verliert, sowie die Soziologie, die 5 von 9 einbüßt und in Zukunft nur noch als weiterführendes Masterstudium angeboten werden soll. Bei der Erziehungswissenschaft müssen 5 von 19 Stellen weichen, in Jura sind es 5 von 23. Aber auch die Naturwissenschaften müssen mit weniger auskommen: Biologie wird von 22 auf 16 Professoren gestutzt, Chemie von 23 auf 17 und Physik von 21 auf 16. Insgesamt solle das bestehende Verhältnis zwischen Geistes- und Naturwissenschaften aber erhalten bleiben, so Lenzen.

Es gibt jedoch auch Fachbereiche, an denen der Sparkelch vorübergeht: die regionalwissenschaftlichen Zentralinstitute, wie das Lateinamerika- und das John-F.-Kennedy-Institut, aber auch Kunstgeschichte, Theater- und Filmwissenschaft und Informatik – Fächer, die berlinweit nur an der FU vertreten sind oder in denen besonders zukunftsweisende Forschungsprojekte angesiedelt sind.

Während Lenzen die vom Senat verordneten Einsparungen für unabwendbar hält und betonte, dass durch die Festschreibung der Summe zumindest Planungssicherheit herrsche, konterten die Studenten mit Zwischenrufen, wie „Sachzwänge gibt es nicht, nur politische Entscheidungen“. Und verabschiedeten später eine Resolution, in der sie die Streichungen an Unis in einen Kontext von Bildungs- und Sozialabbau einordnen und ablehnen. MEIKE RÖHRIG