: Das Ziel heißt Überleben
Mit dem 0:1 im Pokal bei Hannover 96 ist Borussia Dortmund aus einem weiteren Wettbewerb ausgeschieden, der noch ein paar Euro in die Kassen hätte bringen können
HANNOVER taz ■ Die AWD-Arena in Hannover ist zu guten Teilen noch ein Provisorium. So musste auch Reinhard Rauball vor dem Spiel eine der in Reih und Glied aufgestellten Toiletten aufsuchen. „Toi, Toi, toi“, stand da überall zu lesen. Er hätte Glück gebrauchen können, denn die Zeit als Präsident von Borussia Dortmund, die ab Sonntag vor ihm liegt, wird schwer genug. Nach einem kleinen Aufflackern mit zwei Bundesligasiegen gab es zunächst eine Niederlage in Bielefeld, und am Dienstag folgte mit dem 0:1 bei Hannover 96 das Aus im Achtelfinale des DFB-Pokals.
Es gab Pokalspiele in nicht allzu ferner Vergangenheit, da machte es dem schwarz-gelben Tross wenig aus, mit peinlichen Niederlagen frühzeitig aus dem Wettbewerb auszuscheiden. Wer ist schon Wattenscheid, Jena, oder Freiburg, wenn Real Madrid und Manchester United warten? Nun, nach dem 0:1 bei Hannover 96, saß Trainer Bert van Marwijk da und sprach einen bemerkenswerten Satz: „Wir haben nur ein Ziel: Überleben.“ Es wurde mucksmäuschenstill im Presseraum. Das war ernst gemeint, bitterernst.
Dieser Satz, der von Trainern oder Spielern im Abstiegskampf häufig einmal dahergesagt wird, beschreibt die Situation beim Champions-League-Sieger von 1997 realitätsnah. Da sind die Schulden, die immensen jährlichen Belastungen, nötige Investitionen und fehlende Einnahmen – und all das in einem Verein, der inzwischen keine elf Profis mehr auf den Platz schicken kann „Tomas Rosicky und Guy Demel sind die Verletzten 13 und 14. Das war zu viel“, klagte van Marwijk. „Aber wir werden kämpfen.“ Das sagen alle Trainer in einer solchen Situation. Bessere Konzepte hat derzeit niemand zu bieten bei Borussia Dortmund.
Seit Wochen plädiert van Marwijk dafür, neue Spieler zu holen. Am Dienstag wiederholte er: „Es muss etwas passieren.“ Am liebsten würde er seinen Schwiegersohn, den holländischen Nationalspieler Mark van Bommel, schon nach der Winterpause in Dortmund sehen. „Ich halte das für fast ausgeschlossen“, sagte Rauball. Eine Ablösesumme für jemanden, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, passt nicht zum Sparzwang beim BVB, der hübsch formuliert als Restrukturierungsprogramm verkauft wird.
Ein Schuss kann im Fußball über einige Millionen Euro entscheiden. Vielleicht war das solch ein Schuss, den Ewerthon in der 83. Minute abgab. Dortmund lag durch ein Tor von Silvio Schröter (59.) zurück, Hannovers Thomas Christiansen hatte mit einem verschossenen Foulelfmeter (80.) gerade die Chance zur Entscheidung vergeben. Dann gab es Strafstoß für Dortmund. Warum, das wusste nur Schiedsrichter Franz-Xaver Wack, der für Bert van Marwijk „ein bisschen durcheinander war“. Vielleicht auch, weil er ihn auf die Tribüne geschickt hatte (71.). Jedenfalls war die Chance da, aber Ewerthon vergab. Genau wie in der ersten Halbzeit, als er dreimal mehr oder weniger bedrängt vor 96-Torhüter Robert Enke auftauchte. „Was soll ich machen, soll ich mich erschießen?“, fragte Ewerthon.
MARCUS BARK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen