Widerstandsnester in Falludscha

Nach US-Angaben kontrolliert die Armee siebzig Prozent der umkämpften irakischen Stadt. Doch ein Teil der Kämpfer hat sich offenbar rechtzeitig abgesetzt, um in anderen Teilen des Landes Angriffe durchzuführen. Sechs Tote bei Anschlägen in Mossul

VON BEATE SEEL

Drei Tage nach Beginn der US-Offensive gegen die irakische Stadt Falludscha gab es gestern erste Erfolgsmeldungen. Ein amerikanischer Offizier sagte, das Militär kontrolliere siebzig Prozent der Widerstandshochburg. Es gebe aber nach wie vor „Widerstandsnester“. Augenzeugen berichteten indes, die US-Soldaten kontrollierten rund vierzig Prozent der Stadt.

Die heftigsten Gefechte wurden gestern aus dem Stadtviertel Golan gemeldet, das seit Monaten ein wichtiger Stützpunkt der Aufständischen ist. Das US-Militär gab außerdem bekannt, dass bis Dienstagabend zehn US-Soldaten und zwei irakische Sicherheitskräfte getötet wurden. Über die Zahl der Opfer in der Stadt gibt es keine Angaben.

Der irakische Journalist Fadhil Badrani, der für den arabischen Dienst von BBC World arbeitet, berichtete gestern Mittag aus der umkämpften Stadt: „Ich bin von dichtem schwarzem Rauch umgeben und es riecht nach verbranntem Öl. Vor einigen Minuten gab es eine heftige Explosion und jetzt kann ich Gewehrfeuer hören. Ein gepanzertes US-Fahrzeug steht in der Straße vor meinem Haus im Stadtzentrum. Vom Fenster aus kann ich sehen, wie US-Soldaten in der Nähe herumlaufen. Sie haben versucht, von Haus zu Haus vorzurücken, gerieten aber unter Beschuss.“ Es gebe zahlreiche Zerstörungen, aber es sei zu gefährlich, das Haus zu verlassen, um sich einen Überblick zu verschaffen.

Nach Einschätzung des Kommandeurs der Besatzungstruppen, Thomas Metz, kommen die amerikanischen und irakischen Truppen bei ihrer Offensive schneller voran als erwartet. Dem Gegner seien „erhebliche Verluste“ zugefügt worden, sagte Metz in einer Videopressekonferenz in Bagdad. Metz sprach von heftigem, aber „planlosem“ Widerstand.

Unklar ist, wie viele Aufständische sich vor Beginn der Offensive aus der Stadt abgesetzt haben, um ihren Kampf andernorts weiterzuführen. Die Zeitung Washington Post zitiert einen Aufständischen aus Falludscha namens Abu Khalid mit den Worten, am Samstag sei die Hälfte der Bewaffneten aus der Stadt geflohen. „Wenn eine Stadt umzingelt ist und bombardiert wird, ist der Ausgang der Schlacht vom militärischen Gesichtspunkt aus vorbestimmt“, sagte Abu Khalid, ein ehemaliger Offizier der irakischen Armee, telefonisch gegenüber der Zeitung. „Daher haben wir der einen Hälfte der Kämpfer gesagt, sie sollten die Stadt verlassen, und der anderen, dazubleiben und sie zu verteidigen.“ Selbst wenn die Amerikaner die Stadt einnehmen würden, so Abu Khalid weiter, würden sie langfristig verlieren, denn „die Amerikaner werden Hausdurchsuchungen vornehmen und viele Leute festnehmen, und das wird die Ablehnung und den Hass verstärken und zu einer größeren Unterstützung für den Widerstand in der Stadt führen.“

Die Offensive gegen Falludscha geht mit Angriffen in anderen Teilen des Landes einher. Neben der Entführung von Angehörigen des irakischen Regierungschefs Ajad Allawi in Bagdad kam es gestern in der nordirakischen Stadt Mossul zu Angriffen auf Polizeipatrouillen und Polizeistationen. Dabei wurden vier Polizisten und zwei Passanten getötet. Außerdem attackierten Aufständische zwei türkische Tanklastwagen. Sie zündeten eins der Fahrzeuge an und verschleppten den türkischen Fahrer. Auch in der sunnitischen Bastion Ramadi und zwei weiteren Städten kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Allawi verhängte über Bagdad eine nächtliche Ausgangssperre, um zu verhindern, dass Aufständische in der Hauptstadt eine „zweite Front“ eröffnen, mit dem Ziel, die USA dazu zu bewegen, einen Teil ihrer Soldaten aus Falludscha wieder abzuziehen.