Objekt der Begierde

Heute wird in den USA der Fernseh-Oscar „International Emmy“ verliehen. Über Sinn oder Unsinn solcher Medienpreise lässt sich allerdings streiten

von WILFRIED URBE

Fünfmal war Maximilian Schell für den Oscar nominiert, einmal hat er ihn gewonnen. „Dass ich gewonnen habe, war Glück, dass ich nominiert war, Können“, soll der berühmte Mime einmal dazu gesagt haben. In diesem Sinne freuen sich auch deutsche Medienmacher ganz besonders, wenn angesehene internationale Auszeichnungen winken. So jetzt auch zu den International Emmys, die am Dienstag vergeben werden. Schon im Vorfeld jubilierten die Nominierten. In der Sparte „Popular Arts“ erhält zum Beispiel die Comedy-Serie „Alt & Durchgeknallt“ von Brainpool möglicherweise eine Auszeichnung, genauso wie der ZDF Dreiteiler „Stalingrad“, produziert von Broadview-TV.

„Wir sind enorm stolz über diese Nominierung. Der International Emmy ist eine der begehrenswertesten Auszeichnungen im Fernsehen weltweit“, freut sich Broadview-Geschäftsführer und Produzent Leopold Hoesch. Und auch der erfolgsgewohnte Auftraggeber vom ZDF, Guido Knopp, sieht darin eine besondere Ehrung: „Dieser Preis ist sehr bedeutend, weil er Fernsehangebote aus der ganzen Welt erfasst und im Dokumentationsbereich eine weltweite Qualitätsschau bietet. Bei tausenden von Programmen unter den letzten vier zu sein, das ist schon eine Auszeichnung.“

Der Medienwissenschaftler Jo Groebel stellt fest: „Eine Vorstellung von Glamour wird bereits durch den Namen impliziert, der auf die Verwandtschaft zum wichtigsten US-Fernsehpreis, dem Emmy, hinweist.“ Aber so glamourös wie der Emmy, der Startreff der amerikanischen TV-Szene, ist die Ablegerveranstaltung längst nicht. Anke Engelke war für „Ladykracher“ letztes Jahr nominiert und erinnert sich an ein New Yorker Hotel, Saal 18, links davon hätten sich Urologen getroffen, rechts die Weight Watchers: „Eine schlimme Veranstaltung in einem tiefgekühlten 08/15-Saal mit einem schlechten Dinner für 500 Dollar.“

Während der International Emmy im Vergleich zu seiner Bedeutung also doch eher bescheiden auftritt, gibt es in Deutschland immer mehr Medienpreise, die Aufmerksamkeit durch ein aufwendiges Gebaren erreichen möchten. „Es gibt Preise und Preise“, weiß Knopp, „wirklich wichtige nur wenige.“ Groebel, selber Mitinitiator der „Médaille Charlemagne pour des Médias Européens“, die im Zusammenhang mit dem Aachener Karlspreis an verdiente europäische Medienleute wie Jan Moito, Cees Nooteboom oder George Lord Weidenfeld vergeben wird, weist auf andere Funktionen der Auszeichnungen hin: „Die Preise ehren in der Regel immer auch die Stifter mit, sind ein wichtiges PR-Instrument für die gesamte Branche.“ In der Flut der Ehrungen macht der Medienforscher auch immer wieder Initiativen aus, die aus seiner Sicht jeder Grundlage entbehren, beispielsweise der Baden-Badener Medienpreis, der im letzten Jahr Königin Sylvia von Schweden und Königin Rania von Jordanien auszeichnete: „Da fragt man sich, was die Geehrten mit Medien zu tun haben. So etwas ist Werbung für die Macher in Reinkultur.“

Dass die Preisverleihungen auch zum sozialen Ort geworden sind, wo sich ein Kaleidoskop menschlicher Verhaltensweisen beobachten lässt, das weiß die Branche sowieso und nutzt es, um vor allem Geschäfte zu machen. „Solange die eigentliche Funktion erfüllt wird, Gutes von Schlechtem zu trennen, dem Konsumenten in der riesigen Fülle des Fernsehangebots eine Orientierung zu bieten, dann kann man das andere auch akzeptieren“, meint „Stalingrad“- Regisseur Sebastian Dehnhardt.