Rot-Grün will Bleiberecht light

Geduldete Flüchtlinge haben kaum Chancen auf Bleiberecht – trotz Unterstützung des IMK-Vorsitzenden

„Keine Mehrheit für ein generelles Bleiberecht“

BERLIN taz ■ Eine Woche vor der Innenministerkonfernz (IMK) spricht sich ihr Vorsitzender für das dauerhafte Bleiberecht geduldeter Flüchtlinge aus. „Die Vorschläge rennen in Schleswig-Holstein offene Türen ein“, sagte der Kieler Innenminister Klaus Buß (SPD) der taz. Führende Politiker von SPD und Grüne hatten in dieser Woche erneut das Bleiberecht gefordert. Das SPD-geführte Bundesinnenministerium beeilte sich gestern jedoch, die Hoffnungen zu dämpfen. Er sei „nicht allzu optimistisch“, äußerte sich Ministeriumssprecher Rainer Lingenthal zu den Vorschlägen von Volker Beck (Grüne) und Dieter Wiefelspütz (SPD).

Die beiden Verhandlungsführer ihrer Fraktionen beim Zuwanderungsgesetz hoffen nun auf Unterstützung der IMK. Der Beschluss der Innenminister müsste jedoch einstimmig sein.

Gegenstand der Diskussion sind die rund 217.000 geduldeten Flüchtlinge in Deutschland, von denen mehr als 150.000 bereits seit mehr als fünf Jahren weitgehend rechtlos in Deutschland leben. Die meisten davon stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien (83.000), aus der Türkei (14.000), aus Afghanistan und Vietnam (8.000).

Der Status der Duldung bedeutet, dass den Flüchtlingen zwar weder Asyl noch ein sonstiges Bleiberecht in Deutschland zusteht, sie jedoch nicht abgeschoben werden können. Das ist eigentlich nur eine ausgesetzte Abschiebung, jedoch leben viele Flüchtlinge über Jahre in dieser Ungewissheit. Meist bekommen die Betroffenen eine Erlaubnis nur für einen kurzen Zeitraum und müssen immer wieder neue Anträge stellen. Der migrationspolitische Sprecher der Grünen, Josef Winkler, will das ändern: „Wer seit Jahrzenten hier lebt, dem darf ein legaler Aufenthaltsstatus nicht verweigert werden.“

Das Thema kam in dieser Woche erneut auf die politische Agenda, nachdem sich ein breites Bündnis prominenter Unterstützer an den Petitionsausschuss des Bundestages gewandt hatte. Der beschloss, das Anliegen an die Fraktionen des Bundestages weiter zu geben.

Zu den Unterzeichnern des Aufrufs zählen auch zwei ehemalige Bundesminister der Union: Christian Schwarz-Schilling und Norbert Blüm. Weite Teile der Union kritisieren den Vorschlag jedoch scharf. CSU-Innenpolitiker Wolfgang Zeitlmann warf der Koalition vor, „den Zuwanderungskompromiss wieder aufzuweichen“. Die Union lasse sich das nicht gefallen, so Zeitlmann.

Der Bundestag verhandelte gestern zwar das Änderungsgesetz zum Zuwanderungsgesetz, klammerte das Thema des Bleiberechts jedoch aus.

Trotz seiner Zustimmung sieht IMK-Vorsitzender Buß für ein generelles Bleiberecht von Flüchtlingen keine politische Mehrheit – es könnte eine Einschränkung geben. Auf der Tagesordnung der IMK steht daher bereits das Bleiberecht nur für bestimmte Flüchtlingsgruppen: für Afghanen und Angehörige der Minderheiten aus dem Kosovo. Aus dem Büro eines grünen Bundestagsabgeordneten heißt es, dass das Thema nun Schritt für Schritt über die IMK ins Bewusstsein der Innenminister getragen werden solle.

Bei einer Einschränkung sieht Buß bessere Chancen, eine Lösung zu finden. „Obwohl noch Überzeugungsarbeit zu leisten ist, halte ich das für politisch machbar.“ Damit käme man dem Ziel einer dauerhaften Bleiberechtsregelung für alle langfristig geduldeten Flüchtlinge zumindest einen Schritt näher.

Die Betroffenen könnten so den „Aufenthaltstitel“ bekommen, der einen längerfristigen Aufenthalt ermöglicht – damit würden auch ihre Chancen auf einen Arbeitsplatz steigen. Der wiederum ist oft Voraussetzung, um ein dauerhaftes Bleiberecht zu erhalten. JOCHEN SETZER