Nordisch by nature

Zwischen Ikea und Nordlichtern findet zeitgenössische Kunst aus Nordeuropa ihren Platz. Das Museum Küppersmühle im Duisburger Innenhafen zeigt mit „Nordic Art“ acht KünstlerInnen

VON ERIKA RUBINSTEIN

Björk, Kaurismäki oder Abba: Künstler, die in unseren Köpfen fest mit dem europäischen Norden verankert sind. Genauso wie Ikea, Knäckebrot oder Nordic walking. Trotzdem gibt es heutzutage keine echten Charakteristika, die für nordische Kunst stehen und nur ihr eigen wären.

Das Museum Küppersmühle im Duisburger Innenhafen versammelt acht nordeuropäische KünstlerInnen in einer Schau namens „Nordic Art“, um dem Zuschauer einen Eindruck von der modernen nordischen Kunst zu vermitteln. „Dieser Titel ist eine reine Formalität“, sagt Museumsleiter Walter Smerling. Das sei der Aufhänger, um diese zeitgenössischen Künstler thematisch zusammen zu bringen.

Ende des 19. Jahrhunderts mussten nordische Künstler wie Edvard Munch oder August Strindberg erst nach Deutschland kommen und hier ihren Durchbruch schaffen, ehe sie in auch ihren Heimatländern anerkannt wurden. In den 1970er und 80er Jahren versuchten skandinavische Künstler, ihre eigene Kultur und Tradition neu zu definieren. Heute ist alles globaler geworden, länderübergreifender. Vor allem was westliche kulturelle Tradition angeht. Für den Kurator der Ausstellung, John Peter Nilsson, ist es vor allem die melancholische Darstellung der Natur, die für die nordische Kunst steht.

Wie etwa in der Fotoserie von Elina Brotherus aus Finnland. Kahle Landschaften, fast immer ohne eine Menschenseele darauf, präsentiert sie in ihren Arbeiten. Nur manchmal bricht sie mit Ironie die Einsamkeit der Natur, wie etwa in „Les Baigneurs“, einem Foto, auf dem zwei nackte und gar nicht schöne Menschen in einem Fluss rumalbern. Ihre Landsfrau Stiina Saaristo singt eine Ode an die Hässlichkeit und an die Frau. In ihrer Portrait-Reihe malt sie ein und dieselbe Frau, die der Künstlerin abgesehen vom Alter sehr ähnelt, und zelebriert dabei weibliche Sexualität, Unabhängigkeit und das Recht, hässlich zu sein. Eine knallbunte, mit Ironie gepfefferte Kritik an der Gesellschaft, die normale Frauen mit utopischen Schönheitsidealen unterdrückt – eines der beindruckendsten Exponate der „Nordic Art“, die aber so in jedem westlichen Land entstanden sein könnte.

Auch hinter dem erotischen Titel Icelandic Love Corporation verstecken sich drei Frauen mit unaussprechbaren isländischen „dóttir-Namen“. Objekte, Zeichnungen, Gedichte und Videos sind ihr Milieu. Mit Spitze verzierte Äxte oder Mörder-Schuhe auf Riesenstollen, genannt „Spiky mice“ sind erst als pure Objekte und dann als Filmelemente in ihrem Video zu sehen. Auch die anderen Werke sind schwer ihrer nordischen Abstammung zuzuordnen. Wenn Torbjorn Rodland aus Norwegen seine Szene-Bilder in einem türkischen Berliner Nachtclub schießt, oder Max Book aus Schweden in „Stumme“ die Nacht vor dem Krieg im Irak malt. Ein Bild, das aussieht, als wäre es ein Sternenhimmel von Anselm Kiefer. Was ist an dieser Kunst denn nordisch? Vielleicht nur so viel wie die wackelige Kamera eines Dogma-Films oder das Knacken eines Wasa-Brödlis.

Bis 12. Dezember 2004Infos: 0228-934550