Toter Kamerad ist wieder dabei

Nach Protesten im Vorjahr erreicht die Kölner Friedensinitiative „PAX an“ eine Programmänderung bei der offiziellen Gedenkfeier zum Volkstrauertag. Sogar ein Text von Bertolt Brecht wird vorgelesen

Von Annette von Czarnowski

Veteranen der Reichswehr präsentieren ihre Banner. Bundeswehrsoldaten stehen stramm. Corporierte Studenten blicken vaterländisch. Ein Redner spricht von Krieg, Frieden und Nichtvergessendürfen. Ein Solist trompetet „Ich hatt‘ einen Kameraden“. So verlaufen in Köln seit Jahren die offiziellen Gedenkfeiern zum Volkstrauertag bei St. Maria im Kapitol, veranstaltet von Stadt, Bundeswehr und Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Gegen diese Art „Mahnung zu Versöhnung, Verständigung und Frieden“ gab es immer wieder Proteste. In diesem Jahr werden die Gegner erstmals ein bisschen in die Gestaltung der Feier einbezogen.

„Täter und Opfer werden unserer Meinung nach in einen Topf geworfen. Außerdem vermissen wir einen Bezug zu aktuellen Kriegen“, kritisieren Ariane Dettloff und Rolf Noack von „PAX an“ die bisherige Praxis. Ein Dorn im Auge ist dem Friedensarbeitskreis auch das Lied „Der gute Kamerad“, dessen Text Ludwig Uhland schrieb. Anstoß erregt vor allem die Zeile „Will mir die Hand noch reichen, derweil ich eben lad“.

Einen Antrag, den Ablauf ziviler zu gestalten und eine eigene Rede zu halten, hatte „PAX an“ bereits 2003 eingereicht, der Hauptausschuss des Stadtrats lehnte jedoch ab. Ein Transparent mit einer Kurzrede, das „PAX an“ damals bei der Gedenkfeier dennoch entrollte, erregte Ärgernis – allerdings war es weniger der Inhalt, so die Friedenskämpfer, als die Zeremonie des Abrollens, die als störend empfunden wurde.

Für dieses Jahr meldet „PAX an“ nun nach Verhandlungen mit den Veranstaltern Teilerfolge. Statt einer Bundeswehrkapelle spielt ein Bläserensemble der Rheinischen Musikschule. „Für uns ein politischer Erfolg, auch wenn wir eher eine Sparmaßnahme der Bundeswehr vermuten“, sagt Dettloff.

Eine weitere Programmänderung: Die Kränze werden während der Feier abgelegt, bislang geschah dies vorher. Das Angebot, einen eigenen Kranz niederzulegen, will „PAX an“ ohne eigenen Redebeitrag nicht wahrnehmen. Von den von „PAX an“ vorgeschlagenen Texten, vorzulesen durch Jugendliche, wurde Brechts Gedicht „An meine Landsleute“ zugelassen.

Vom traditionellen Abschluss, dem Trompetensolo „Der gute Kamerad“, wollen Stadt, Kriegsgräberfürsorge und Bundeswehr jedoch nicht lassen. „Das gehört zur Tradition des Volkstrauertags und wird seit Jahrzehnten gespielt“, erklärt Martin Gadow, Bezirksgeschäftsführer des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, und räumt ein, die inkriminierte Zeile „sollte man heutzutage kritisch hinterfragen“.

Zeitgemäße Alternativen gibt es: Die Publikation „Anregungen und Gedanken zur Gestaltung von Gedenkstunden und Gottesdiensten“ des Volksbundes zählt sie auf – von „Blowin‘ in the wind“ bis „Tears in the window“.

Städtische Gedenkfeier zum Volkstrauertag: Sonntag, 11.30 Uhr, im Lichhof bei St. Maria im Kapitol zu Köln