Führender Menschenrechtler vergiftet

Indonesiens Menschenrechtsaktivist Munir, der mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde, starb vor zwei Monaten im Flugzeug. Jetzt wird bekannt: Er ist keines natürlichen Todes gestorben, sondern wurde mit Arsen vergiftet. Aber von wem?

VON SVEN HANSEN

Der prominente indonesische Menschenrechtler Munir ist vergiftet worden. Zu diesem Ergebnis kommt ein Autopsiebericht des niederländischen Forensischen Instituts, dessen Erhalt die indonesische Polizei gestern bestätigte. In Munirs Körper sei Arsen in tödlicher Dosis festgestellt worden, teilte Indonesiens Polizei gestern weiter mit. Der 38-Jährige, der wie viele Indonesier nur einen Namen trägt, war am 7. September auf dem Flug von Singapur nach Amsterdam etwa eine Stunde vor der Landung verstorben.

Auf dem Flug hatte sich Munir mehrfach übergeben. Ein Arzt, der sich zufällig an Bord der Maschine der staatlichen indonesischen Gesellschaft Garuda befand, untersuchte ihn und gab ihm ein Beruhigungsmittel. Als eine Stewardess Munir vor der Landung wecken wollte, war er tot. Er wollte in Utrecht einen Menschenrechtskurs belegen.

Der Autopsiebericht und sein brisanter Inhalt lagen offenbar seit Tagen den indonesischen Behörden vor, die jedoch weder Munirs Familie noch die Öffentlichkeit informierten. Ein Abteilungsleiter im indonesischen Außenministerium steckte die Information schließlich dem Korrespondenten des niederländischen NRC Handelsblad. Dessen Bericht führte gestern zur Erklärung der Polizei in Jakarta. Chefermittler Generalleutnant Suyitno Landung kündigte an, dass nächste Woche indonesische Ermittler nach Amsterdam reisen würden, um mehr Details zu erfahren. Laut Suyitno sei unklar, wann Munir das Gift eingenommen habe.

Indonesiens Polizeichef Da’i Bachtiar sagte dem Internetnachrichtendienst Detik.com, womöglich müsse Munirs Grab in seiner ostjavanischen Heimatstadt Malang geöffnet werden. Schon kurz nach Munirs Tod war in Indonesien, wo Verschwörungstheorien beliebt sind, über eine Ermordung spekuliert worden. Munir hatte mehrfach Morddrohungen erhalten und einmal gesagt, er habe aufgehört, sie zu zählen. Er litt aber auch an einer Leberkrankheit.

Noch zur Zeit des Diktators Suharto hatte Munir die „Kommission für Verschwundene und die Opfer von Gewalt“ (Kontras) gegründet. Sie dokumentierte den Machtmissbrauch des Militärs. Später gründete Munir das Menschenrechtsinstitut Imparsial. 2000 wurde er mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Menschenrechtler fordern jetzt eine umfassende Aufklärung seines Todes.