silke burmester
: Der Erstklässler und sein Kolben

Wie Anke Engelke mal mittags aus dem Radio kam, um die Aufklärung meines Sohnes (7) in die Hand zu nehmen. Und warum ich dafür nicht dankbar bin

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin nicht prüde. Die Wörter „Ficken“, „Vögeln“ und „Arschficker“ gehören unbedingt in das sprachliche Reiseköfferchen einer jeden Frau für den Fall, dass sie sie irgendwann mal braucht. Auch liebe ich Anke Engelke und denke, die Welt bräuchte noch viel mehr Anke Engelkes, die sich dort über männliche Allmachtsfantasien lustig machen, wo sie die Fantasierenden erreichen: in der Öffentlichkeit.

Das Problem ist ein anderes. Es ist ein mediales. Für einen normal verstörten Menschen ist es Aufgabe genug, einem Kind jenseits von Bravo zu erklären, was Sex ist. Dass das was ganz Tolles sein kann, das man mit Männern oder Frauen macht oder allein, wo man den Penis in die Scheide tun kann oder auch woanders hin und dass das super prima ist und dass manchmal, wenn man nichts dagegen tut, Kinder entstehen. Das findet dann auch der kleine Sohn voll lustig und interessant. Und schnell zeigt sich: Seine größte Aufgabe ist zunächst, die Information zu verarbeiten, um sie anschließend weit von sich zu schieben und in Anbetracht seiner eigenen Existenz hoffnungsvoll auszurufen: „Das habt IHR aber nicht gemacht!“

Mittlerweile ist der Sohn gereift und weiß sehr wohl, dass man das gemacht hat. Und er weiß auch ein paar andere Sachen mehr. Das ist für alle Beteiligten mitunter recht lustig. Und weil sich die kindliche Entdeckungstour wichtigerweise in kleinen Schritten vollzieht, ist es völlig unpassend, mit dem Kind am Mittagstisch sitzend zu erleben, wie sich, in einer Gesprächspause, Anke Engelke mit einem Mann aus dem Radio in die Küche drängt, um am Ohr des siebenjährigen Sohnes zu verhandeln, was er seiner Frau sagen soll, um sie ins Bett zu kriegen. Es ist nicht hinnehmbar, dass dieser Satz zwischen die Teller rumst: „Mein riesiger Kolben ist so hart, dass ich damit einen gefrorenen Acker umpflügen könnte“. Es ist einfach Scheiße, einem Erstklässler, dem man mühevoll zu verklickern versucht, dass er während des Unterrichts nicht am Schwanz fummeln soll, erklären zu müssen, was ein riesiger, harter Kolben ist und warum man damit pflügen kann. Und was der Moderator meint, wenn er anschließend verkündet, ganz rot geworden zu sein. „Aber nicht vor Scham, sondern vor Geilheit“.

Anke Engelke hat diesen sicherlich ziemlich guten Sketch für ihre Sendung „Ladykracher“ produziert, die um kurz vor 22 Uhr läuft. Radio Hamburg hat ihn um 13.20 Uhr gesendet. Ich bin nicht prüde. Aber ich würde gerne selbst bestimmen, ob mein Sohn mit sieben Jahren schon wissen muss, was Männer tun, wenn sie im Winter mit nacktem Hintern auf den Feldern rumliegen.