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PAKISTAN UND INDIEN VERKÜNDEN WAFFENSTILLSTAND IN KASCHMIRFernglas statt Zielfernrohr

Die Politisierung der Religion hat manchmal auch ihre gute Seite. Rechtzeitig zum Id-Fest, das den Fastenmonat Ramadan abschließt und für die Muslime des Subkontinents so etwas wie ein Weihnachtsfest ist, hat der pakistanische Premierminister einen einseitigen Waffenstillstand entlang der Grenze zu Indien verfügt. Indien, das zweitgrößte islamische Land der Welt (hinter Indonesien), wollte sich offenkundig nicht lumpen lassen und tat ein Gleiches.

Die unmittelbaren Nutznießer dieser Feuereinstellung werden die Soldaten in Kaschmir sein. Seit einigen Jahren feuerten beide Armeen blind auf alles, was sich auf der Gegenseite bewegte. Dies machte jeden Transport von Männern oder Nachschub zu einem gefährlichen Unterfangen, besonders in den Gegenden, wo die Kampfzone wie im Karakorum beinahe auf 7.000 Höhenmeter hinaufreicht. Nun können beide wiederum zu der früheren Praxis zurückkehren, sich nur mit ihren Ferngläsern gegenseitig aufs Korn zu nehmen.

Die jüngste Waffenruhe lässt nicht nur die Soldaten in ihren Bunkern aufatmen. Die letzte Feuereinstellung vor drei Jahren war einseitig geblieben, weil Pakistan lediglich „größtmögliche Zurückhaltung“ versprochen hatte. Nach sechs Monaten brach sie zusammen. Der jüngste Waffenstillstand ist der erste, den beide Seiten voll respektieren wollen, der detailliert abgesprochen wurde und den ganzen Grenzverlauf abdeckt. Zunächst sind damit nicht mehr als Nadelstiche beseitigt. Doch wie bei Weihnachtsgeschenken ist die politische Bedeutung kleiner Gesten oft größer als ihr Nennwert.

Der Wegfall der täglichen Bulletins über Artillerietreffer könnte eine der Irritationen beseitigen, die den Annäherungsprozess zwischen beiden Intimfeinden immer wieder ins Stocken gebracht hat. Und falls er bis Ende des Jahres reicht, könnte er sogar zu einem Treffen zwischen Vajpayee und Musharraf führen. Beide laufen sich Anfang Januar im Rahmen des Südasien-Gipfels in Islamabad über den Weg. Als sie sich das letzte Mal trafen, kam es zu einem Händeschütteln. Dabei sollte es in Islamabad nicht bleiben. BERNARD IMHASLY

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