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: Ewald Lienen und sein supermoderner Pappnasen-Spaßfußball

Während Hannover 96 Meistertitel und Champions League ansteuert und Schalke in die Krise rutscht, verabschieden wir uns schon mal von Freiburg

And the winner ist: Bert van Marwijk. Schon die Sportschau wusste ganz genau, wer an diesem 13. Spieltag als Sieger der Kopfroll-Lotterie des Wochenendes hervorgegangen war. Kurt Jara hat sich kurzfristig abgemeldet und steht erst nächste Woche wieder zur Verfügung, Peter Neururer kam diesmal wegen Sonntagsarbeit nicht in Frage, bei Volker Finke hat man schon vor Jahren aufgegeben, seinen Namen in den Lostopf zu werfen, und Eric Gerets ist noch mal davongekommen. Zwei Niederlagen in Folge, das wäre prekär geworden. Bleibt also der Borussen-Coach, wobei es natürlich keine Rolle spielt, dass eine Trainerablösung das Allerletzte ist, was sich die Dortmunder leisten können, es sei denn, Niebaum macht diesen Job auch gleich noch mit.

Fein raus ist Ewald Lienen, denn der kommt ja in den Uefa-Cup – oder gar in die Champions League? – nachdem er, wie er sich dunkel erinnert, „vor fünf Wochen“ noch Tabellenletzter und Spitzenreiter der Abschussliste war. Jetzt sind seine 96er die neuen Mainzer, und der supermoderne Spaßfußball ist trotz all der Karnevalsnasen an die Leine abgewandert – auch wenn er eigentlich aufs Haar jener Spielweise gleicht, mit der Rehhagels Griechen Europameister wurden – aber da war das ja noch antiquiert und langweilig.

Apropos: Was ist eigentlich mit Schalke los? Wirklich nur müde Beine oder doch schon Krise? „Die hauen wir normalerweise weg“, sagte Manager Assauer über Hertha BSC, vielleicht sollte man schon mal ein Kügelchen mit dem Namen Rangnick für die Lostrommel vorbereiten. Und Lincoln, wo war überhaupt Lincoln? Wahrscheinlich ist dem Brasilianer zu Kopf gestiegen, dass er nach all den Jahren in relativer Obskurität plötzlich eine Woche lang der beste Spieler der Liga war. Tja, das ist jetzt Delron Buckley, hat schließlich zwei Tore geschossen.

Leid tut’s uns um den SC Freiburg. Leider keine Chance mehr, Zug abgefahren, das Team „taumelt Schritt für Schritt dem Absturz in die 2. Liga entgegen“, weiß dpa. Schon zehn Punkte hinter Bielefeld auf Rang 7, unmöglich aufzuholen, es sei denn, man fragt Ewald Lienen, den Trainer des Jahres. Oder Volker Finke: „Bis Weihnachten so viel wie möglich punkten“. lautet sein Rezept. So könnte es klappen.

Vergangene Woche hat sich der emeritierte Fußball-Trainer Hans Meyer mal wieder zu Wort gemeldet und in gewohnt drastischer Diktion die These vertreten, dass es in jedem Bundesliga-Kader von 25 Leuten analog zur gesamten Gesellschaft fünf „richtig blöde“ Spieler gäbe. Die Reaktionen auf die angebliche Schmähung waren heftig. Gleichzeitig hatte Meyer keine Zweifel daran gelassen, dass er Fußballjournalisten generell für komplette Pfeifen hält. Darüber hat sich niemand beschwert.

MATTI LIESKE