Vier Jahre Haft für Al-Tawhid-Mitglied

Das Urteil gegen den Palästinenser Abdalla beendet einen der wichtigsten Terrorprozesse in Deutschland. Weitere Verfahren folgen. Das Gericht: Die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung sei „absolut unverzichtbar“

DÜSSELDORF dpa/rtr/ap ■ Zu vier Jahren Haft wegen Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung und bandenmäßiger Fälschung von Pässen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf gestern den Palästinenser Shadi Moh’d Mustafa Abdalla, ein Mitglied der islamistischen Organisation al-Tawhid, verurteilt.

Der Richterspruch beendete damit einen der bisher wichtigsten Strafprozesse gegen islamistische Terroristen in Deutschland. Weitere Prozesse folgen: In Hamburg wird die Anklage heute ihr Plädoyer gegen den Marokkaner Abdelghani Mzoudi vortragen, bei dem es um die Terrorangriffe vom 11. September geht. Außerdem ermittelt die Karlsruher Bundesanwaltschaft in gut 60 Verfahren gegen etwa 100 mutmaßliche Islamisten. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat nach eigenen Angaben mehr als 200 islamistische Extremisten im Visier, denen die Verübung terroristischer Anschläge zugetraut wird.

In dem Düsseldorfer Prozess gegen Abdalla hatte die Bundesanwaltschaft fünf Jahre Gefängnis für den 27-jährigen Palästinenser gefordert, als Höchststrafe drohten zehn Jahre. Das Gericht honorierte mit seinem vergleichsweise milden Urteil die umfassende Aussagebereitschaft von Shadi Abdalla und dessen künftige Rolle als Kronzeuge in weiteren Prozessen gegen vier mutmaßliche Komplizen, gegen die Ende August Anklage erhoben wurde.

Abdalla war nach Überzeugung des Gerichts Mitglied der islamistischen Organisation al-Tawhid, die enge Verbindungen zum Al-Qaida-Netzwerk des Moslem-Extremisten Ussama Bin Laden unterhält. Der Palästinenser hatte bei seinen Vernehmungen und auch während der fünf Monate dauernden Hauptverhandlung die Anklagevorwürfe weitgehend eingeräumt. Unter anderem gab er zu, mit seinen Komplizen Anschläge auf zwei Gastronomiebetriebe in Düsseldorf und auf den Sitz der Jüdischen Gemeinde in Berlin geplant zu haben. Noch bevor sie die für die Anschläge benötigten Waffen beschaffen konnten, wurden die Gruppenmitglieder im April 2002 auf Grund von Abhörmaßnahmen durch das Bundeskriminalamt festgenommen.

Der Vorsitzende Richter Breidling hob in seiner Urteilsbegründung hervor, dass die umfassende Aussagebereitschaft des Angeklagten wesentlich zur Aufklärung der Tatvorwürfe und darüber hinaus zur Aufdeckung der Strukturen des Netzwerks um al-Tawhid und al-Qaida beigetragen habe. Die Beweislage sei schwierig gewesen: Außer einer versteckten Pistole und der Telefonüberwachung habe es keine sicheren Beweismittel gegeben. Für Klarheit habe erst Abdallas Aussagebereitschaft gesorgt.

Rechtsanwalt Rüdiger Deckers nahm das Urteil im Namen seines Mandanten an. Am Rande der Urteilsverkündung fügte er hinzu, Abdalla könne auch nach seiner Haftentlassung kein normales Leben führen, sondern schwebe weiterhin in großer Gefahr. „Es wurde versucht, an ihn in der Justizvollzugsanstalt heranzukommen, was aber rechtzeitig verhindert werden konnte.“

Richter Breidling, der schon den „Kalifen von Köln“ ins Gefängnis gebracht hat, nutzte die Urteilsbegründung, um den Gesetzgeber zur Wiedereinführung der Ende 1999 ausgelaufenen Kronzeugenregelung aufzufordern. „Eine Kronzeugenregelung ist zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus absolut unverzichtbar.“ Aussteigern müsse im Gegenzug zu einem umfassenden Geständnis eine deutliche Strafvergünstigung angeboten werden können. Der Wegfall der Regelung erschwere die Aufklärung und Verhinderung terroristischer Straftaten. „Es ist zu kurz gegriffen, bei den Mitgliedern terroristischer Organisationen ausnahmslos von unbeugsamen Überzeugungstätern auszugehen“, sagte Breidling. OH