Unser Mann bei der UNO

UN-DIENSTGERICHT Der Hamburger Verwaltungsrichter Thomas Laker wird künftig über arbeitsrechtliche Streitfälle bei der UN urteilen. Das ist Neuland – für ihn und für die UN. Denn bislang gab es dort kein Beschwerdesystem für die MitarbeiterInnen

„Die UN ist schlecht beraten, wenn sie so weit hinter ihren Standards zurückbleibt“

Anfänglich war es nur ein spontaner Entschluss, dem Thomas Laker nachkam, als die Stellenausschreibung per Email in seinem Postfach landete. Dass seine Bewerbung bei den Vereinten Nationen Chancen haben könnte, damit habe er selbst zunächst nicht gerechnet, erzählt der groß gewachsene Hamburger Verwaltungsrichter mit dem beeindruckenden grauen Schnauzbart. Doch er hatte sich getäuscht: In einem komplizierten Auswahlverfahren setzte sich der 53-Jährige gegen immerhin hunderte Mitbewerber durch und wurde von der UN-Generalversammlung zu einem von insgesamt zwölf Richtern am neuen Dienstgericht der Weltorganisation gewählt.

Zusammen mit vier KollegInnen aus Botswana, Mauritius, Großbritannien und Neuseeland wird Laker in erster Instanz für die Lösung arbeits- und disziplinarrechtlicher Streitfälle zwischen der UN und ihren vielen tausend Mitarbeitern zuständig sein. Die anderen sieben gewählten Juristen werden als Berufungsrichter dann über Einsprüche gegen ihre Urteile entscheiden.

Was unspektakulär klingt, ist für die weltumspannende Organisation Neuland: Die Möglichkeit, bei Mobbing, sexueller Belästigung am Arbeitsplatz oder Benachteiligung bei Beförderungen einen Richter anzurufen, gab es für Mitarbeiter der UN bislang nicht. Als Beschäftigte einer internationalen Organisation war ihnen der Gang zu nationalen Gerichten versperrt, die UN verfügte nur über ein internes Beschwerdesystem. „Und das war nicht unabhängig“, sagt Laker.

Zur Einrichtung des „United Nations Dispute Tribunal“ entschloss man sich erst, nachdem eine externe Expertenkommission 2006 diese Praxis als unbefriedigend kritisiert hatte. In den folgenden Jahren leiteten die UN die entsprechenden Entscheidungen in die Wege, und vom 1. Juli diesen Jahres gehört es nun zur Aufgabe des Hamburger Juristen und seiner KollegInnen, die dafür nötigen Abläufe zu etablieren. Auch die UN hätten am Ende erkannt, „dass eine Organisation, die die Gewährung effektiven Rechtsschutzes zum Inhalt ihrer Charta gemacht hat, schlecht beraten ist, wenn sie im eigenen Bereich so weit hinter ihren Standards zurückbleibt“, sagt Laker mit zarter Ironie.

Sein neues Büro wird der Familienvater und bekennende Fan des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen in Genf aufschlagen. Seine Kollegen verteilen sich auf New York und Nairobi, damit allen Bediensteten im weit verzweigten Netz der UN ebenfalls Anlaufstellen zur Verfügung stehen. Wie das Dienstgericht im Detail arbeiten wird, müssen die neuen Richter zuvor allerdings noch klären.

Die Vorgaben der Generalversammlung sind bewusst vage, die Details der Prozessordnung sollen sie bei einem Arbeitstreffen im Juni selbst ausarbeiten. „Selbstverständlich ist das eine große Herausforderung“, sagt Laker, der sich bereits auf die Zusammenarbeit mit seinen ihm bislang persönlich noch unbekannten Mitstreitern freut: „Echte Vorbilder für das Gericht gibt es ja nicht.“

SEBASTIAN BRONST