„Inzuchtbereich“

Warum sich Ottfried Fischer („Der Bulle von Tölz“) nicht mehr wohl fühlt beim „Kuschelsender“ Sat.1: „Der Bulle wird totgesendet“

INTERVIEW STEFAN KUZMANY

taz: Herr Fischer, ist Sat.1 noch der Sender, bei dem Sie sich zu Hause fühlen?

Ottfried Fischer: Es geht mir darum, die Schlagzahl der Arbeit zurückzusetzen und mehr Lebensqualität zu erreichen und mich mehr ums Kabarett zu kümmern. Dafür ist auch ausschlaggebend gewesen, dass Sat.1 sehr stark amerikanisiert und der „Bulle“ nur noch dafür da ist, Geld zu verdienen – was okay ist, aber dadurch auch zugekleistert wird mit Bauchbinden und totgesendet wird und alles was Sat.1 zu verkaufen hat, wird über den „Bullen“ verkauft. Ich bin da nicht mehr zufrieden mit der Wertschätzung dem Produkt gegenüber.

Hat das mit dem Antritt von Haim Saban zu tun?

Es ist härter da geworden, das glaube ich schon, ja.

Wie lange läuft denn Ihr Vertrag mit Sat.1 noch?

Ich habe jetzt noch für fünf Folgen unterschrieben und ich betone, dass diese Überlegung mit der Pause keine fristlose Kündigung war und auch die Ausführungsbestimmungen sind natürlich gesondert zu treffen. Ich will den Sender nicht schmähen und nicht vor den Kopf stoßen. Ich hab’s für mich getan, aber der Sender hat es mir andererseits auch ein bisschen leicht gemacht.

Was halten Sie denn von Sendungen wie dem „Dicken peinlichen Verlobten“ oder „Kämpf um Deine Frau“?

Den „Dicken Peinlichen Verlobten“ fand ich sogar ganz lustig, dem hätte ich höhere Quoten gewünscht, weil die beiden das sehr charmant gemacht haben. Aber ansonsten ist Sat.1 in einem Inzuchtbereich. Wenn man einmal die Komödien anschaut: die sehen alle aus wie „Edel und Starck“ und sind blond.

Wie empfanden Sie den Umgang mit Anke Engelke?

Ich hatte in meinem Fall den Eindruck, dass das Produkt nicht mehr geliebt ist und habe mir gedacht, bevor es mir geht wie Anke Engelke, werde ich das Heft des Handelns in der Hand behalten und selber sagen, wann Schluss ist, und mir nicht da vors Bein pinkeln lassen, was bei so neoliberalistischen Sendern ja durchaus passieren könnte.

Wie war im Vergleich die Zusammenarbeit mit der ARD bei der Entwicklung von „Der Bestseller“ (Fr 20.15 Uhr)?

Das wurde von Karl Spieß, einem meiner Lieblingsproduzenten, gemacht. Da bin ich stark involviert, das ist eine sehr feine Zusammenarbeit, da bin ich noch recht zufrieden damit.

Wenn Sie ankündigen, ein neues Kabarettprogramm zu entwickeln, heißt das, dass Sie dann nur noch touren und nicht mehr drehen in nächster Zeit?

Nein, das heißt es nicht. Ich werde normal weiter arbeiten, aber nicht mehr so viel. Das Kabarettprogramm hat einen langen Vorlauf – ich habe ja das ganze nächste Jahr noch Verträge und kann frühestens im Herbst anfangen, das Kabarettprogramm zu schreiben. Ich will das grundsätzlich wieder machen und habe mir dadurch ein Ziel gesetzt, dass es auch wieder möglich sein wird, das zu machen. Und wie es dann genau aussehen wird, das muss man sehen.