„Stalinist“ gegen „Faschist“

Konflikt zwischen den Präsidenten der Elfenbeinküste und Frankreichs rückt von der militärischen auf die rhetorische Ebene. Afrika für sofortiges Waffenembargo

BERLIN taz ■ Vor einer Woche musste Laurent Gbagbo noch um sein Amt fürchten; heute kann der Präsident der Elfenbeinküste davon ausgehen, das Schlimmste überstanden zu haben, und geht erneut in die Offensive. In einem gestern veröffentlichten Interview mit der Pariser Tageszeitung Libération verglich er das Vorgehen französischer Militärs gegen die radikalen „patriotischen“ Milizen in Abidjan letzte Woche mit der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 durch die Rote Armee. Zuvor hatte Frankreichs Präsident Jacques Chirac auf einer Veranstaltung in Paris davon gesprochen, man müsse in der Elfenbeinküste „ein Abgleiten in Richtung eines faschistischen Regimes“ verhindern. Gbagbo nannte dies in seinem Interview eine „Beleidigung“.

Der rhetorische Schlagabtausch kam, während gestern der UN-Sicherheitsrat in New York über Sanktionen gegen die Elfenbeinküste abstimmen sollte. Die Resolution ist schwächer und kommt später als von Frankreich gewünscht, da Gbagbos Verbündete Russland, China und Angola sich dagegengestellt hatten. So sollen die Sanktionen nun erst am 15. Dezember in Kraft treten. Die Verschiebung könnte Gbagbo Zeit geben, neue Flugzeuge zu kaufen, nachdem Frankreich seine bisherige Luftwaffe vor zehn Tagen zerstört hatte.

Die französische Position ist durch den Krisengipfel der „Afrikanischen Union“ (AU) in Nigeria am Sonntag gestärkt worden. Die Teilnehmer unter Vorsitz des nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo stellten sich hinter den UN-Resolutionsentwurf und verlangten sogar ein sofortiges Waffenembargo. Gbagbo hatte den Gipfel trotz Einladung boykottiert.

Gipfelgastgeber Obasanjo kritisierte außerdem die neuerliche Abschaltung der Stromversorgung für die Rebellengebiete im Norden der Elfenbeinküste durch die Regierung Gbagbo am Sonntag. Solche Schritte seien in der Vergangenheit Teil der Vorbereitung für einen bewaffneten Angriff gewesen, sagte er. Die Stromsperrung ging einher mit der Entlassung des ivorischen Armeechefs Mathias Doué durch Gbagbo. Doué, der mehrmals als General mit eigenen politischen Ideen und Ambitionen ins Gespräch gekommen ist, wurde durch den Gbagbo-treuen Oberst Philippe Mangou ersetzt.

Inzwischen werden auch neue Truppenbewegungen der ivorischen Regierungsarmee nahe der Waffenstillstandslinie gemeldet. In Abidjan jedoch hat es keine neue Gewalt gegeben. Eine für das Wochenende geplante Trauerdemonstration der FPI für die Opfer des französischen Militärs, die leicht zu neuer Gewalt hätte führen können, wurde kurzfristig abgesagt. Die Evakuierung europäischer Ausländer durch das französische Militär ging derweil weiter.

DOMINIC JOHNSON