Politiker predigen Panik

Diskussion um Integration muslimischer Einwanderer nimmt groteske Züge an. Imame sollen nur noch auf Deutsch predigen. Grüne und SPD nennen das Quatsch. Auch juristisch völlig unhaltbar

BERLIN taz ■ Die jüngsten Ausschreitungen in den Niederlanden heizen die Debatte um die Integration muslimischer Einwanderer in Deutschland an. Der Streit gilt der Frage, was getan werden muss, um gewalttätigen Konflikten wie im Nachbarland vorzubeugen. Auf heftige Kritik stieß die Forderung der baden-württembergischen CDU-Politikerin Annette Schavan, Imame sollten in deutschen Moscheen aus Sicherheitsgründen nur noch deutsch predigen dürfen.

Der Vorschlag sei „abwegiger Quatsch“, sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz der taz. „Hass können Sie in jeder Weltsprache predigen“, sagte Wiefelspütz weiter. Entscheidend sei der Inhalt einer Predigt. Auch die Grünen-Innenpolitikerin Silke Stokar nannte den Vorschlag „absoluten Unsinn“. Schließlich gebe es in Europa bis heute viele Kirchen, in denen nicht in der nationalen Sprache gepredigt werde. Die Grünen-Politikerin bemängelte jedoch die mangelhafte Integration vieler muslimischer Geistlicher: „Ich möchte, dass Imame Deutsch können und dass ihr Aufenthalt in Deutschland wesentlich länger wird.“ Sonst könne der „kritische Dialog“ nicht funktionieren.

Zuspruch bekam Schavan aus der eigenen Partei: „Damit hat sie uns allen aus dem Herzen gesprochen“, versicherte CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach. Schließlich sei es „integrationsfeindlich“, wenn Ausländer sich weigerten, in Deutschland Deutsch zu sprechen. Auch Bosbach ist sich allerdings „nicht sicher“, ob das Sprachgebot für Imame rechtlich durchsetzbar wäre. Für den Freiburger Staatsrechtler Rainer Wahl ist die Rechtslage klar: „Ein derartiges Gesetz wäre mit unserer Verfassung nicht vereinbar“, sagte er der taz. Wenn die religiöse Botschaft wegen sprachlicher Hürden bei den Gläubigen nicht mehr ankomme, sei das „nicht zu rechtfertigen“. AGX

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