USA schicken weitere Marines in den Irak

Die Reduzierung der Zahl amerikanischer Soldaten wird geringer ausfallen als ursprünglich geplant. Der schiitische Ajatollah Sistani fordert die Wahl des Übergangsparlaments durch das Volk. Annan bildet Arbeitsgruppe zur Zukunft des Landes

WASHINGTON/NADSCHAF ap/afp ■ Die USA reduzieren ihre Truppen in Irak offenbar weit weniger als zunächst geplant. Das Verteidigungsministerium in Washington teilte am Mittwoch mit, es werde mehrere tausend zusätzliche Marineinfanteristen nach Irak schicken. Von Januar bis Mai sollen die US-Soldaten in Irak schrittweise durch neues Personal ersetzt werden. Derzeit befinden sich dort etwa 130.000 US-Soldaten.

Obwohl am Mittwoch keine exakten Zahlen über die angestrebte Gesamttruppenstärke genannt wurden, schätzen die Beobachter die Zahl der US-Soldaten nach Abschluss des Austauschs auf etwa 110.00. Zunächst sollten sich im Mai nur noch 105.000 Soldaten in Irak befinden. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bewilligte außerdem die Mobilisierung von rund 14.500 Reservisten der Armee, Marine und Luftwaffe für den Austausch der Truppen, wie es am Mittwoch hieß. Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wollen die USA im Zuge der Neuordnung ihrer Militärpräsenz im Ausland offenbar rund 20 Prozent ihrer Soldaten aus Deutschland abziehen.

Auch auf politischer Ebene läuft für die USA nicht alles wie geplant. Der höchste geistliche Würdenträger der irakischen Schiiten, Ajatollah Ali Sistani, forderte gestern eine direkte Wahl des Übergangsparlaments und der Übergangsregierung. Auch die Stadträte sollten durch freie Wahlen bestimmt werden, gab der Vorsitzende des Regierungsrats, Dschalal Talabani, nach einem Treffen die Forderungen Sistanis wieder. Für die Erstellung der Wählerlisten könnten die Rationierungskarten der Bewohner herangezogen werden. Damit stellte sich Sistani in Gegensatz zu der Einigung zwischen den USA und dem irakischen Regierungsrat von Mitte November, die für die beschleunigte Machtübergabe indirekte Wahlen vorsieht.

Die Zukunft des Irak ist am Montag auch Thema in New York. Dann wird sich UN-Generalsekretär Kofi Annan erstmals mit einer neuen Arbeitsgruppe treffen, die ihn bei seinen Entscheidungen in dieser Angelegenheit beraten soll. Wie Annans Sprecher Fred Eckhard am Mittwoch in New York mitteilte, gehören der Gruppe Vertreter von 17 Staaten an. Darunter sind die sechs Nachbarstaaten Iraks – Kuwait, Saudi-Arabien, Jordanien, Syrien, Iran und die Türkei. Auch die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats und Deutschland ist mit dabei. Bereits zur Gestaltung der Zukunft Afghanistans rief Annan eine ähnliche Arbeitsgruppe ins Leben.