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Der Ex-New-Yorker Ex-Punk Ron Karaokemonster hat mit Monster Ronson‘s Sing Inn gerade eine Karaokebar in der Lübbener Straße eröffnet. Ein Gespräch über die Besonderheiten Berliner Kneipen und die Alkoholmenge, die die Hemmschwelle senkt

INTERVIEW ULF LIPPITZ

taz: Sie sind ein New Yorker Punk. Wie sind Sie zum Karaoke-Fan geworden?

Das passierte in New York. Freunde von mir gingen oft in Karaoke-Bars, aber ich lehnte das immer ab. Aber Thanksgiving 1995 haben sie mich überredet, wir tranken eine Menge – und nach einer gewissen Zeit bemerkte ich: Hey, die Leute gehen einfach nach Hause. Warum? Ist doch total lustig hier. Dann stellte ich fest, dass ich das Mikrofon seit einer halben Stunde fest in meiner Hand hatte und nicht daran dachte, es herauszurücken.

Was war Ihr erster Song?

„Paint It Black“ von den Rolling Stones. Kann gut sein, dass ich das mehr als zweimal gesungen habe in jener Nacht.

Drei Jahre später sind Sie nach Berlin gezogen. Erst einmal: Warum?

Ich hatte einen Lover hier. Das hielt zwar nicht lange, aber ich blieb hier.

Die Karaokeszene war sicherlich nicht so aufregend wie in New York.

Sie war anders. Es gibt ja noch einen Club hier in Berlin, in dem man Karaoke singen kann, dessen Name ich aber nicht nennen möchte. Ich war lange Zeit bester Kunde. Aber irgendwann bekam ich Hausverbot. Der Grund: Viele Gäste waren Asiaten, sie nahmen Karaoke unheimlich ernst. Kichernde schwule Punks passten nicht in ihr Konzept.

Und dann haben Sie Ihre eigene Show auf die Beine gestellt: Karaokemonster.

Die erste Show fand vor vier Jahren statt. Damals hatte ich keinen blassen Schimmer, wie ein Soundsystem funktioniert. Ich bin zu dumm, einen Computer zu benutzen. Aber ich hatte meine Leidenschaft – und die war ansteckend. Im November 2000 war die erste offizielle Party im Kumpelnest. Die Leute hatten keine Ahnung, was vor sich ging. Sie verstanden nicht, wie das mit der Liederliste ging, ich musste ihnen die Stifte in die Hand drücken, damit sie sich eintrugen, und vor allem mussten die Leute trinken, damit sie gegen zwölf endlich begannen zu singen.

Das hat sich mittlerweile geändert, oder?

Heute ist es so, dass bereits zwanzig Leute warten, um zu singen, noch bevor ich ankomme.

Was ist das Geheimnis von Karaokemonster?

Meine Leidenschaft. Karaoke ist mein Leben. Ich bin sauer, dass ich es nicht erfunden habe.

Wichtig für Ihre Partys sind die Stammgäste.

Absolut. Es gibt zum Beispiel einen Typen, der kommt immer. Bevor er singt, hält er eine kleine Rede und widmet das Lied jemanden. Dann fängt er an – und vor dem Ende des Liedes steht er garantiert nackt auf der Bühne.

Wie viele Lieder haben Sie im Angebot?

Um die dreitausend. Die habe ich in Amerika, Asien oder im Internet gekauft.

Welche davon möchten Sie nie wieder hören?

Eine Menge. Ganz oben stehen „My Way“ von Frank Sinatra und „Que sera“. Das sind die größten Langweiler. Aber die habe ich bereits aus meinem Programm genommen.

Was ist hier anders als auf New Yorker Karaoke-Partys?

In Berlin habe ich es noch nie erlebt, dass man nichts mehr zu trinken bekommt, weil der Barkeeper denkt, man wäre besoffen.

Wie bewerten Sie die neue Anziehungskraft von Berlin bei vielen Amerikanern?

Man hört in New York viel Gerede über den Berliner Underground, aber ich bezweifle, dass die meisten Touristen davon etwas sehen. Ich meine, sie hören über Berliner Partys – und dann finden sie sich im Sage Club wieder! Wow!

Fürchten Sie eine Amerikanisierung der Stadt?

Ja, wenn ich hier in meinem Zimmer in Friedrichshain sitze, kann ich Amis schon hören, wenn sie um die Ecke biegen. Sie sprechen so laut – und natürlich immer Englisch! Keine Ahnung, warum viele Amerikaner, die hier leben, kein Deutsch lernen. Wird es Ihnen nicht irgendwann lästig, ihre Brötchen nicht richtig kaufen zu können?

Können Sie sich an Ihre ersten deutschen Worte erinnern?

Ja: Ich will das nicht essen. Eisbein.

Sind Sie jetzt legal in Deutschland?

Ja, aber ich hatte Glück in der Ausländerbehörde. Als ich dorthin ging, um mich als Freiberuflicher anzumelden, kam ich mit einem Arbeitsauftrag von den Toten Hosen. Ich hatte für sie eine After-Show-Party organisiert. Also ging ich so gut wie möglich angezogen in das Büro, brachte einen Strauß Blumen mit und als ich in das Büro gebeten wurde, sah ich, dass alle Wände mit Plakaten von den Toten Hosen beklebt waren. Sagen wir: Ich hatte gute Karten.

In einer Galerie haben Sie im Sommer eine kleine Auktion organisiert. Geht es dem Karaoke in Berlin schon so schlecht?

Überhaupt nicht. Karaoke boomt.

Monster Ronson’s Sing Inn, Lübbener Straße 19