american pie: Pappenstiel mit Perspektive
Auch dank dem 15-jährigen Freddie Adu von Meister D.C. United blickt die Major League Soccer (MLS) mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft
Der 18-jährige Wayne Rooney und der ein Jahr ältere Cristiano Ronaldo waren die Sensation der letzten Fußball-Europameisterschaft, doch bei der WM 2006 wird ihnen wohl jemand die Schau stehlen, der noch ein gutes Stück jünger ist. Rooney debütierte mit 16 als Profi in der englischen Premier League, Freddie Adu, in Ghana geborener US-Bürger, tat dies in der Major League Soccer (MLS) schon mit 14. Am Wochenende wurde er, inzwischen 15-jährig, mit Washington D. C. United Meister. Mit 3:2 bezwang United die Kansas City Wizards, Adu wurde in der 65. Minute eingewechselt und von den 25.797 Zuschauern in Carson, Los Angeles, mit rauschendem Beifall begrüßt.
In seiner ersten Saison als Profi erfüllte Freddie Adu, trotz seines zarten Alters mit 500.000 Dollar Jahressalär und lukrativen Werbeverträgen der reichste Fußballer der Liga, brav die in ihn gesetzten Erwartungen. Obwohl meist eingewechselt, steuerte er fünf Tore zum Erfolg seines Teams bei, das von 1996 an drei der ersten vier MLS-Titel gewonnen hatte, seit 1999 aber nicht mehr Champion war. Außerdem wurde er seiner Rolle als Zugpferd der Liga voll gerecht, und nicht nur United-Coach Peter Nowak, einst Spieler bei 1860 München und Dynamo Dresden, hofft, dass Adu möglichst lange dem Buhlen der europäischen Großklubs widersteht. Seine Präsenz förderte auch das Interesse am Finale, nachdem die Los Angeles Galaxy, die in Carson zu Hause ist, zum Entsetzen der MLS-Funktionäre im Halbfinale an Kansas gescheitert war.
Die Bilanz der MLS nach ihrer neunten Saison fällt vorsichtig positiv aus. „Wir haben beträchtliches Wachstum gesehen“, sagt Dan Flynn vom Fußballverband der USA. Die Einnahmen der Saison 2004 lagen bei 100 Millionen Dollar. Verglichen etwa mit der Football-Liga NFL, die zwei Milliarden Dollar pro Jahr allein vom Fernsehen kassiert, ist das ein Pappenstiel, für die MLS jedoch ein Erfolg. Zwar hat die Liga auch diesmal ein Defizit von etwa 15 Millionen Dollar zu verkraften – rund 350 Millionen sind es seit 1996 – doch mit Los Angeles Galaxy hatte letztes Jahr erstmals ein Team Gewinn erwirtschaftet, wenn auch nur bescheidene 200.000 Dollar. Der Zuschauerschnitt lag diese Saison bei etwas mehr als 15.000 und ist erneut leicht gestiegen. Mit neuen Investoren, neuen Fußballstadien und der Expansion von zehn auf zwölf Teams in der Saison 2005 soll ein weiterer Aufschwung folgen. Neben Real Salt Lake kommt das mexikanische Team Chivas hinzu, ein Ableger des gleichnamigen, hochpopulären Klubs in Guadalajara. Das Team soll in San Diego spielen und die mexikanischen Einwanderer für die MLS begeistern, die der Liga bislang wenig Beachtung schenkten und sich lieber am Geschehen in der Heimat orientierten.
Als größten Coup feierte die MLS den im Oktober perfekt gemachten neuen Zehnjahresvertrag über 150 Millionen Dollar mit der Firma Adidas. „Der langfristige Ansatz, eine Fußballliga mit kalkulierten und realistischen Erwartungen aufzubauen, beginnt sich auszuzahlen“, sagte Paul Swangard, Marketing-Experte an der Universität von Oregon, der Zeitschrift Sports Illustrated. Bisher sind vier MLS-Teams noch bei Rivalen wie Puma, Reebok und Nike unter Vertrag, ab 2006 wird Adidas aber alle zwölf Teams ausstatten. Kleiner Wermutstropfen im MLS-Cocktail der Herzogenauracher Sportklamottenschmiede: Ausgerechnet die beiden populärsten Spieler sind und bleiben Nike-Leute: Landon Donovan und – Freddie Adu. MATTI LIESKE
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