Spartipps aus der Ferne

Wedig von Heyden, Generalsekretär des Wissenschaftsrats, sagt, dass die Berliner Universitäten sich reformieren müssen. An den Unis sieht man die jetzigen Vorschläge nicht so positiv – im Gegenteil

VON RUDI NOVOTNY

Seit drei Wochen kämpfen die Studenten jetzt schon gegen die Senatssparpläne. Die Universitäten drohen mit der Schließung ganzer Fachbereiche, sollten die Kürzungen realisiert werden.

Dabei müsste das nicht sein, wenn die Universitäten effizienter wären, sagt Wedig von Heyden, Generalsekretär des Wissenschaftsrats. Das Beratergremium von Bund und Ländern hat schon vor drei Jahren eine Empfehlung zur Strukturreform der Berliner Universitäten gegeben. Kernpunkte damals: Erhalt von 85.000 Studienplätzen und eine abgestimmte Profilbildung der Berliner Hochschulen.

„Wenn man einen Diplom- in einen Bachelorstudiengang und einen Masterstudiengang umwandelt, dann könnte man den Studiengang in drei statt in fünf Jahren abschließen“, meint von Heyden. „Dass bedeutet, man hätte zwei Jahre mehr an Lehrkapazitäten frei. Damit kann man entweder Masterstudiengänge finanzieren oder die Qualität des Bachelorstudiums verbessern.“ Allerdings reiche es nicht, wenn man das Vordiplom zum Bachelor umdeklariert. „Ein Bachelor muss schließlich berufsbefähigend sein.“

Zusätzlich empfiehlt er den Universitäten, notfalls bestimmte Bereiche zusammenzulegen. „Bevor zwei Universitäten mühsam jeweils einen identischen Fachbereich mit einem Unterangebot an Lehrenden am Leben erhalten, sollten sie ihn lieber zusammenlegen.“ Dabei gehe es ihm nicht um den Spareffekt, so der Generalsekretär, sondern darum, „den Spardruck in die allfällige Reform der Ausbildung umzusetzen“.

Der dritte Vorschlag richtet sich direkt an die Lehrenden. Wissenschaftler, die nicht genug forschen, sollten dafür mehr lehren, empfiehlt von Heyden.

Gut gemeinte Tipps, die bei den Adressaten aber auf wenig Gegenliebe stoßen. So sagt Kristina Zerges, Presseprecherin der TU: „Ich weiß lediglich, dass sich eine Arbeitsgruppe um den Präsidenten mit diesen Empfehlungen beschäftigt.“

An der Freien Universität stoßen die Ideen des Wissenschaftrates gar auf offene Ablehnung. „Aus der Ferne betrachtet sieht vieles natürlich anders aus, als wenn man nah dran ist“, höhnt Dieter Lenzen, der Präsident der Freien Universität. „Es stimmt einfach nicht, dass wir zu wenig zusammenarbeiten. Die Berliner Universitäten kooperieren intensiv. Seit 1990 haben wir alle großen Fächer aufgeteilt.“

So zum Beispiel im Fachbereich Erziehungswissenschaften. „Die Freie Universität bildet in Diplomstudiengängen Pädagogen aus. Bei der Humboldt-Universität wird dagegen mit dem Staatsexamen ein Abschluss für die angeboten, die Berufsschullehrer werden wollen.“

Auch dass Bachelorstudiengänge den Universitäten Kosten sparen würden, glaubt er nicht. „Das bringt vielleicht einen Zeitgewinn, aber diese Abschlüsse sind erheblich kostenintensiver.“ Und dass seine Professoren bei mangelndem Forschungseifer mehr lehren sollten, hält der Präsident für den falschen Ansatz: „Da wird die Lehre der Forschung nachgestellt. Aber Lehre und Forschung sind eine Einheit.“

Aussagen, die von Heyden nicht überraschen. Dass das Land Berlin seine Pläne eins zu eins umsetzen würde, daran hat er sowieso nicht geglaubt: „Aber eins zu 0,8, das darf man ja wohl erwarten.“ Besonders habe ihn geärgert, dass „die einfach eigene Expertengruppen eingesetzt haben, sobald ihnen etwas von unseren Vorschlägen nicht gepasst hat“.

Inzwischen befinde sich Berlin aber auf dem richtigen Weg. Allerdings sei es kontraproduktiv, an den Unis zu sparen. „Die sind sowieso schon unterfinanziert.“

Eine der Hochschulen, die für sich reklamiert, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, ist die Humboldt-Universität (HU). Pressesprecherin Susann Morgner: „Die Humboldt-Universität ist mit den Bachelor- und Masterstudiengängen ziemlich weit. Zudem haben wir in den letzten zehn Jahren zehn Fächer mit anderen Universitäten zusammengelegt.“ Dies sei zwar ein langer Zeitraum, so Morgner, aber schließlich müsse man berücksichtigen, dass die Studenten das Recht hätten, an der Uni fertig zu studieren, an der sie begonnen hätten.

Leider würde die Sparsumme auch bei Zusammenlegung von Fächern nicht ausreichen, so Morgner. Daher habe man sich auf die jetzige Lösung geeinigt, die unter anderem die Schließung der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät vorsieht. „Das tut uns selbst ja auch weh, aber so können wir wenigstens einzelne, kleinere Fachbereiche retten.“