Handschrift des Kreml

Die Fusion der russischen Ölkonzerne Yukos und Sibneft darf nicht stattfinden. Einfluss der Politik vermutet

MOSKAU taz ■ Die Fusion der Unternehmen Yukos und Sibneft zur größten russischen Ölgesellschaft wurde gestern auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Die Entscheidung soll nach Angaben der kremlnahen Agentur RIA Novosti von Aktionären beider Unternehmen im Vorfeld getroffen worden sein. Damit platzt ein Geschäft, das den neuen Konzern zu einem der vier weltweit führenden Ölgiganten gemacht hätte.

In Moskau herrschen unterdessen Zweifel, dass die Aktionäre nach mehr als einem halben Jahr Fusionsvorarbeiten im letzten Moment selbst die Bremse gezogen haben. Yukos-Pressechef Alexander Schadrin ließ denn auch durchblicken, dass die offizielle Stellungnahme mit Vorsicht zu betrachten ist. „Das Einzige, was ich sagen kann, ist: Es war kein gemeinsames Statement.“

Yukos-Mehrheitseigner Michail Chodorkowski sitzt seit Ende Oktober in Untersuchungshaft. Neben Betrug in besonders schwerem Fall und Steuerhinterziehung werden ihm von der Generalstaatsanwaltschaft noch eine Reihe weiterer Vergehen zur Last gelegt. Im Unterschied zu anderen russischen Oligarchen, die in der Privatisierungsphase der 90er-Jahre Eigentum auf fragwürdige Art und Weise erworben hatten, versuchte Chodorkowski, sich von dem Image des Räuberbarons freizumachen. Langfristig wäre das eine Bedrohung für den Kreml gewesen, der an der Abhängigkeit der Wirtschaftsakteure von der Politik im Interesse des eigenen Machterhalts festhält. Durch das Vorgehen gegen den westlichsten der russischen Konzerne beweist Präsident Wladimir Putin, dass ihm an der Beseitigung des Oligarchen-Kapitalismus nichts gelegen ist. Unabhängige Unternehmer, die wie Chodorkowski politische Ambitionen hegen und oppositionelle Parteien fördern, passen nicht in das Weltbild des ehemaligen Geheimdienstchefs. K.-H. DONATH