Die Hannover Messe sucht die Talsohle der Konjunktur

INDUSTRIE Merkel äußert sich nur nebulös zur Lage, Köhler fordert Öko-Umbau der Weltwirtschaft

HANNOVER taz | Angesichts der Krise versuchen Wirtschaft und Politik, auf der Hannover Messe einander Mut zuzusprechen. Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte gestern bei ihrem traditionellen Rundgang über die Technologiemesse lediglich ein Ende des Abschwungs in Aussicht: „Vielleicht ist die Hannover Messe ein kleines Signal, dass wir langsam am Tiefpunkt angekommen sind“, sagte sie, vermied aber konkretere Äußerungen zur konjunkturellen Lage.

Ähnlich vage äußerte sich der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) für die nach der Autoindustrie zweitwichtigste deutsche Exportbranche. Ab Jahresmitte erwarte man ein Ende der bisherigen Talfahrt bei den Auftragseingängen, sagte Hauptgeschäftsführer Hannes Hesse. Der Produktionsrückgang der die Hannover Messe prägenden Branche würde dann im Gesamtjahr zwischen 10 und 20 Prozent liegen.

Rund 25.000 Beschäftigte würde die Branche zudem dann bis Jahresende zur Arbeitsagentur schicken. Derzeit befinden sich bereits 100.000 Maschinenbauer in Kurzarbeit. Im weltweiten Vergleich ist der deutsche Maschinenbau unterdessen im vergangenem Jahr beim Umsatz von China überholt worden. Die Branche liegt nun hinter China und vor den USA auf dem zweiten Platz.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie sieht derweil den deutschen Arbeitsmarkt am Scheideweg. Auf dem Messe-Wirtschaftsforum stellte der BDI die Ergebnisse einer Unternehmer-Befragung des Institut der Deutschen Wirtschaft vor. Demnach muss die Krise „im Sommer ihren Boden erreichen, um ein massives Durchschlagen auf den Arbeitsmarkt mit Arbeitslosenzahlen von weit über vier Millionen zu vermeiden“.

Bei der diesjährigen Hannover Messe zeigen 6.150 Aussteller aus 61 Ländern technologische Lösungen und neue Investitionsgüter. Die Ausstellerzahl bleibt damit kaum hinter der letzten vergleichbaren Messe im Jahr 2007 zurück. Die Energietechnik wird neben der Automation von Produktionsprozessen immer mehr zum zweiten Standbein der weltgrößten Industrieschau. Bei der feierlichen Messeeröffnung am Sonntagabend erhob Bundespräsident Horst Köhler sogar eine ureigene Forderung der Grünen zum Programm. Als Ausweg aus der Krise verlangte das Staatsoberhaupt nicht weniger als den „ökologischen Umbau der Weltwirtschaft“. JÜRGEN VOGES