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Die Ersten sollen die Gehetzten sein

Die Anmeldung für die alljährliche Silvio-Meier-Demo gegen rechte Gewalt kam zu spät. Neonazis waren schneller und haben die Route für sich in Beschlag genommen. Vorteil für die Linken: Jetzt läuft die Mobilisierung besser

Fast drohte so etwas wie Langeweile: Alljährlich um den 21. November herum gedenken Berliner Antifaschisten des Todestages von Silvio Meier. Der 17-jährige war am 21. November 1992 am U-Bahnhof Samariterstraße in Friedrichshain von Rechtsextremisten überfallen und erstochen worden. Tausende gingen damals gegen rechte Gewalt auf die Straße. Abgesehen vom Alt-Antifaschisten und jetzigen PDS-Aktivisten im Abgeordnetenhaus, Freke Over, der auch in diesem Jahr wieder die Gedenkdemo angemeldet hat, gab es in den vergangenen Jahren gerade bei den jüngeren Antifas nur noch wenig Betroffenheit. Die Zahl der Teilnehmer war nicht zuletzt deswegen in den vergangenen Jahren stetig gesunken.

Das könnte an diesem Samstag anders werden. Gerade mal zwei Stunden zu spät lieferte Over die Anmeldung bei der Versammlungsbehörde ab. Die rechtsradikale „Berliner Alternative Südost“ (Baso), die vor allem in den Bezirken Treptow-Köpenick, Neukölln und Lichtenberg ihr Unwesen treibt, kam ihm zuvor. Die Neonazis hatten zuvor auf linken Internetseiten Zeit und Route der Antifa-Demo ausgekundschaftet. Nun dürfen sie unter dem Motto „Dem linken Terror offensiv entgegentreten“ am Samstag auf der Route marschieren, die seit zwölf Jahren alljährlich von Linken besetzt war.

Für die Polizei ist zumindest klar: Zusammen werden die beiden Demos auf keinen Fall stattfinden. Und im Versammlungsrecht gilt: Wer zuerst anmeldet, darf marschieren. Das heißt: die Linken dürfen nur nach Friedrichshain. Eine Entscheidung, die bei Ihnen auf Unverständnis stößt. Die Antifaschistische Linke Berlin (ALB) kritisiert, dass in Aufrufen der rechtsextremen Kameradschaften „unverhohlene Drohungen sowie Aufrufe zur Gewalt gegen Linke und Andersdenkende“ enthalten seien.

So tauchten in den vergangenen Tagen rund um den Bahnhof Lichtenberg eine Reihe von Aufklebern auf, unter anderem mit Sprüchen wie „Silvio Meier war erst der Anfang“, „Silvio Meier, wir pissen auf dein rotes Grab“ und „Juden in Europa vereinigt euch – in Opas Gasherd“. Alles Hinweise, die eindeutig für ein Verbot des rechten Aufmarschs sprechen, findet Andreas Schumacher von der ALB.

Die Antifas haben beschlossen, trotzdem ihre Gedenkdemo abzuhalten – und zwar nicht nur in Friedrichshain. Mit der Versammlungsbehörde abgesprochen ist der Treffpunkt um 15 Uhr am U-Bahnhof Samariterstraße. Auch die Richtung nach Lichtenberg. Doch nördlich der Frankfurter Allee sollen die Linken dann in Richtung Alt-Friedrichsfelde abbiegen, weit ab also von ihrer ursprünglich vorgesehenen Route und den Neonazis, die sich voraussichtlich rund um die Weitlingstraße tummeln werden. Seine Gruppe werde sich nicht von der Polizei diktieren lassen, wo sie ihren Protest auf die Straße trage, erklärte Schuhmacher und kündigte an, „das ruhige Hinterland der rechtsextremen Drahtzieher in Unordnung“ zu bringen.

Insgesamt also eine Schlappe für die Antifas. Aber nur aus behördlicher Sicht. Denn was die Mobilisierung innerhalb der linken Szene betrifft: Nun können auch Jung-Antifas mit dem Silvio-Meier-Gedenken wieder etwas anfangen. FELIX LEE

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