WOCHENÜBERSICHT: BÜHNE
: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

„Krieg und Frieden“, HAU 2, 2.–4. 12.

„Festival of Exiles“, Podewil, 5.–7. 12.

Die Geschichte könnte von Shakespeare sein: Orestes, der Sohn des Agamemnon, liebt Hermione, die Tochter der schönen Griechin Helena. Die allerdings liebt Pyrrhus, den Sohn des Achill. Doch auch der liebt eine andere. Nämlich Andromache, die Witwe des trojanischen Königssohns Hektor, den Pyrrhus im Kampf erschlug. Und weil wir eben nicht bei Shakespeare, wo solcherlei Liebeswirrwarr meist mit Massenhochzeit endet, sondern bei Jean Racine sind, nimmt die Geschichte ein blutiges Ende. Zuvor ringt jeder um die Liebe dessen, der jemand anderes liebt, was bei Racine meist noch qualvoller ist als der Tod. Der belgische Regisseur Luk Perceval ist ein Meister der subtilen Personenporträts wie der opulenten Schlachtenbilder. Racines „Andromache“ ist sein Einstand an der Schaubühne. Bekannt wurde König Pyrrhus erst durch den sprichwörtlich gewordenen Pyrrhussieg, der nicht im Krieg gegen Troja, sondern gegen Rom errungen worden ist. Dieser Sieg kostete viel Geld und war trotzdem kein wirklicher Sieg. Und hier kommt dem Theater schon wieder die Gegenwart gerade recht, und wir sind mitten im aktuellen Irakkrieg gelandet, wo die Bush-Krieger an ihrem Sieg würgen. „Think Tank“ heißt die neue Produktion von Marcel Luxingers „Compagnie für Präemptive und Nachhaltige Auseinandersetzung“, die im Theater unterm Dach Premiere hat. Es geht um die Leute hinter den Kulissen der Weltpolitik, eingebettete Journalisten inklusive. Von „Krieg und Frieden“ und zwar frei nach Tolstoi, handelt auch die gleichnamige Produktion des Moskauer Theaterstudios Pjotr Fomenko, das vom Dienstag bis Donnerstag im HAU gastiert. Im Podewil gibt es ab Freitag das „Festival of Exiles“: New sounds from the musically & internationally displaced. Hier kämpfen aber bloß die Töne, zum Beispiel filigran Konzertantes mit Noise und Clubkultur.

„Think Tank“, Theater unterm Dach 4./6.–7. 12.

„Andromache“, Schaubühne,3.–7. 12.