Entwicklungsland mit Hightech-Toiletten

Sollen Schwellenländer wie China weiter Geld vom deutschen Staat bekommen? Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul hält aus politischen und ökologischen Gründen an der Zusammenarbeit fest – und weil die Märkte wichtig sind für deutsche Firmen

VON KATHARINA KOUFEN

China hat Probleme: In den letzten Tagen hat man sich dort mit Toiletten befasst. Hightech-Toiletten, wohl gemerkt. Ehemals stille Örtchen, die künftig mit dezenter Hintergrundmusik, Gegensprechanlage und vollautomatischer Klobrillenreinigung zu kleinen Wohlfühloasen werden sollen. Zu den Olympischen Spielen will China der Welt zeigen, was echte Modernität ist. China – ein Entwicklungsland?

Chinesische Unternehmen kaufen deutsche Pleitefirmen auf. China ist die weltweite Nummer eins beim Wirtschaftswachstum. Als Empfänger ausländischen Kapitals, beim Energieverbrauch liegt es auf Platz zwei. Mehr als 200.000 Chinesen haben es zum Millionär gebracht. Und dennoch: China ist einer der größten Empfänger von Zuschüssen und billigen Krediten aus dem deutschen Entwicklungsetat. 76 Millionen Euro waren es 2004. Als müsste die Regierung nicht sparen, Arbeitslosengeld kürzen, Rekordschulden machen.

Heidemarie Wieczorek-Zeul, Ministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, will von solcher Kritik nichts hören. „Wer so spricht, hat eine altmodische Vorstellung von unserer Aufgabe, der Armutsbekämpfung“, sagt die SPD-Frau. Die Entwicklungszusammenarbeit müsse helfen, die Globalisierung gerecht zu gestalten. In Schwellenländern wie China, Indien und Brasilien gehe es nicht mehr um Nothilfe. Heute sei Politikberatung gefragt.

Konkret berät das deutsche Ministerium die chinesische Regierung bei der Umsetzung von Gesetzen etwa zum Schutz von Investoren und in der Klimapolitik. In Peking und in Neu-Delhi überlegt man, eine Art Energieeinspeisegesetz nach deutschem Vorbild einzuführen.

Eine Abkehr vom immer wieder hochgehaltenen Ziel der Armutsbekämpfung sieht Wieczorek-Zeul nicht. Im Gegenteil: Auch Windräder und Investorenschutz trügen dazu bei, Armut zu lindern – irgendwie und irgendwann. Ohne Strom keine Entwicklung und ohne bestimmte Gesetze keine Aufnahme in die Welthandelsorganisation, argumentiert die Ministerin. Und mit den Früchten des freien Handels würde dann – irgendwann – auch wieder Armut bekämpft. Im Übrigen bleibe Afrika im Fokus der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Zustimmung erhält die Ministerin von ungewohnter Seite. „Die Fortführung der Entwicklungszusammenarbeit mit Ländern wie China, Indien oder Brasilien ist unverzichtbar“, so der entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Christian Ruck.

Kritik kommt stattdessen vom Dachverband entwicklungspolitischer Organisationen (Venro). „Das Ministerium schaufelt sich damit sein eigenes Grab“, warnt Venro-Vorstand Hans-Joachim Preuß. Länder wie China hätten selbst genügend Ressourcen, um Armut zu bekämpfen, nur müssten diese Ressourcen der gesamten Bevölkerung zugänglich gemacht werden. Es sei zu befürchten, dass das deutsche Engagement in Schwellenländer auf Kosten der Ärmsten in Afrika gehe.