Tränke statt Parkplatz

SCHANZENVIERTEL CDU und GAL wollen Konflikt in der Susannenstraße durch neue Gastronomieflächen lösen. Anwohner fürchten weiteren Ausbau zu ihren Lasten

300 Sitzplätze mehr bekommen die Gastronomen dafür, dass sie gegen das Wegerecht verstoßen.

VON ROGER REPPLINGER

Oft beginnen ja in Deutschland Revolten mit Geschäftsordnungsdebatten. Manche enden auch damit. Am Dienstag, im „Jesus Center“ auf dem Schulterblatt, wurde gestritten, ob der Bürger Tagesordnungspunkt zwei oder eins ist. Er blieb zwei.

Erst wurde über Toilettenhäuschen im Schanzenpark diskutiert. Einige der etwa 100 Bewohner der Schanze, die der Regionalversammlung beiwohnten, fanden, dass damit Verwaltung und Politik zeigten, wie nahe ihnen die Verdauung der Bürger geht. Tim Schmuckall (CDU) sagte, die Susannenstraße stehe nicht auf der Tagesordnung, sei nun aber trotzdem dran.

In der Susannenstraße sollen die Gastronomen die Möglichkeit bekommen, 30 Parkbuchten auf ihre Kosten aufpflastern zu lassen, um dort Tische und Stühle aufzustellen. So haben es GAL und CDU in der Bezirksversammlung beschlossen. Die Gastronomen müssten dafür einen Vertrag mit der Stadt schließen, der es der Exekutive erlaubt, Sanktionen gegen Gastronomen durchzusetzen, die sich nicht an die Auflagen halten. „Wer nicht in die Parkbucht will, macht die Gastronomie weiter auf dem Gehweg“, erklärt Heinz Evers vom Bezirksamt Altona. Man sei in die Schanze gekommen, um zu hören, was die Bürger von dieser Entscheidung halten. Das Ergebnis an diesem Abend: Nichts.

Die anwesenden Bürger glauben zu wissen, dass Gastronomen, denen man den Finger reicht, auch den Rest in den Ofen schieben, also Parkbuchten und Gehweg vollstellen und dazu noch Musik spielen. Der Eindruck, es sei mehr Gastronomie geplant, sei falsch, sagt Evers. Er spricht von „Ersatz“ und beteuert, dass es darum gegangen sei, „die Konflikte auf dem Gehweg zu entschärfen“. Die Auflage lautet, dass Gastronomen Parkbuchten nur kriegen, wenn sie Bürgersteige frei machen. Auch für Kinderwagen und Rollstuhl.

Wolfgang Neumann, der im Sanierungsausschuss sitzt, ist aufgebracht, weil die Vorschläge des Gremiums keinen Eingang in die Planungen der Bezirksversammlung fanden: Es sei „nicht mit den Bürgern“ geredet worden, „nur mit den Gastronomen“.

Markierungen, die, dem Hamburger Wegerecht folgend, die Gastronomie so einschränken, dass der Bürger noch auf den Steig passt, seien, einmal angebracht, „sofort wieder weg gewesen“, sagt eine Frau. Sie berichtet, dass Schanzen-Besucher „überall hinscheißen und hinpissen“, und, mit leiserer Stimme, „auch die Polizei.“ 300 Gastroplätze mehr, hat ein Bürger ausgerechnet, bekommen die Gastronomen dafür, dass sie gegen das Wegerecht verstoßen und Bürgersteige zustellen.

Herr Wüst berichtet von Ghettoblastern in den frühen Morgenstunden und seinem zweijährigen Sohn, der nicht schläft. Die Polizei sage: „Da kann man nix machen.“ Der Ordnungsdienst sei damit überfordert, die Einhaltung der Freiflächen auf den Gehwegen zu überprüfen. Sven Hielscher (CDU) und Gesche Boehlich (GAL) verteidigen den Beschluss der Bezirksversammlung, der, wenn es nach dem Willen der anwesenden Schanzenbewohner und der SPD geht, am Donnerstag wieder aufgehoben werden soll.

Bezirksversammlung Altona: heute, 18 Uhr, Louise-Schröder-Schule, Thedestraße 100