Energie aus Biomasse

In Baden-Württemberg vergärt ein Landwirt Grünschnitt nach einem bislang seltenen Verfahren.Der Ertrag ist zwar geringer. Doch erschließt das so genannte Batch-Verfahren neue Energiequellen

VON BERNWARD JANZING

Früher ging hier wertvolle Energie verloren. Im Auftrag des Landkreises Sigmaringen kompostierte Landwirt Lothar Braun-Keller den Grünschnitt einiger Gemeinden. Doch optimal war das Verfahren nicht, weil die Rotte keine Nutzenergie abgab. „Ich will die Energie verwerten, die in der Biomasse steckt“, sagte sich der Landwirt schließlich – und entschied sich für den Bau einer Biogasanlage.

Und doch kam die klassische Biogastechnik nicht in Frage. Denn der Grünschnitt lässt sich nicht wie Gülle einfach im Tank vergären – er ist viel zu grob und holzig. So blieb dem Landwirt auf seinem Hof am Rande des Donautals nur eine Möglichkeit: eine Feststoffvergärung, auch Trockenfermentation genannt.

Die Technik dafür ist zwar längst etabliert. Schließlich nutzt man für die Verwertung von Biomüll bereits diverse Verfahren, die aus biogenen Feststoffen Methan gewinnen. Doch die betreffenden Anlagen, die im kontinuierlichen Betrieb laufen, sind extrem teuer; sie kommen daher für die geringen Durchsatzmengen eines landwirtschaftlichen Betriebs nicht in Frage. Braun-Keller musste also nach einer anderen Technik suchen.

Er stieß dabei auf das so genannte Batch-Verfahren (englisch für Schub, Charge). Dieses diskontinuierliche Prinzip ist zwar theoretisch bekannt, wird in der Praxis aber bisher kaum genutzt. Braun-Keller optimierte das Verfahren nun für seinen Hof in Leibertingen, und nahm Anfang des Jahres die Biogasanlage in Betrieb.

Sie basiert auf vier betonierten Gärräumen, die von vorne befüllt und dann jeweils verschlossen werden. Jeder dieser Fermenter hat etwa die Größe und das Format einer typischen Garage (weshalb man in der Branche auch vom „Garagenprinzip“ spricht). Darin rottet das Substrat etwa vier bis sechs Wochen vor sich hin und erzeugt dabei brennbares Methan. Ist der Verrottungsprozess weitgehend abgeschlossen, wird die Kammer geleert, und der Zyklus kann von vorne beginnen. Um eine konstante Gasausbeute zu erzielen, werden die Gärkammern jeweils zeitversetzt befüllt.

Längst blickt die deutsche Biogasbranche gespannt auf die neue Option der diskontinuierlichen Vergärung. Und weil bei diesem Verfahren noch so manche Frage offen ist, begleitet die Universität Hohenheim das Projekt auf dem Bäumlehof der Familie Braun-Keller mit wissenschaftlichen Analysen. Doktorandin Sigrid Kusch ist bereits optimistisch: „Grünschnitt ist ein gutartiges Substrat“, sagt die Ingenieurin, „Eingriffe in den Gärprozess sind kaum nötig.“ So dürften in Zukunft weitere Anlagen dieser Art entstehen.

Ein wesentlicher Grund für das steigende Interesse an Verfahren zur Feststoffverwertung ist der Strukturwandel in der Landwirtschaft: Die Rinderhaltung in Deutschland geht zurück, immer mehr Grünlandflächen werden daher nicht mehr für die Tierhaltung benötigt. Will man aber die angestammten Pflanzen erhalten, so müssen die Wiesen weiterhin gemäht und von Büschen befreit werden. Damit für den Landwirt aber am Ende auch Erträge herausspringen, braucht man für das Grünzeug ein attraktives Nutzungskonzept – ein solches kann die Vergärung sein. Zumal die Feststoffvergärung den Vorteil hat, dass die Anlagen recht einfach aufgebaut sind.

„Man braucht keine Rührwerke und keine Pumpen“, weiß Peter Lutz von der Bekon Umweltschutz & Energietechnik GmbH in Augsburg. So liege der Prozessenergiebedarf bei diesem Verfahren unterhalb von zehn Prozent der gewonnenen Energie. Und da das Spektrum der nutzbaren Substrate bis zu 50 Prozent Trockensubstanzgehalt reiche, könne man den „gigantischen Biomasse-Markt“ künftig besser erschließen. Auch Landwirt Braun-Keller hebt die „ganz einfache Technik“ seiner Anlage hervor. Der Arbeitsaufwand sei zugleich überschaubar: Einmal in der Woche werde einer der Behälter mit dem Frontlader geleert und wieder befüllt, was in zweieinhalb Stunden erledigt sei. In der Summe sei der Arbeitsaufwand vergleichbar mit einer klassischen Güllevergärung. Braun-Keller muss es wissen: Er betreibt schon seit Jahren eine Biogasanlage mit typischer Nassvergärung auf seinem Biolandhof.

Die prognostizierten Erträge der Trockenfermentation stimmen ihn zuversichtlich, dass die Arbeit sich lohnen wird. Eine halbe Million Kilowattstunden im Jahr soll die Anlage mit 125 Kilowatt Leistung künftig bringen. Allerdings werde man Stoffe, die sich für eine Nassvergärung eignen, auch künftig nicht nach dem Batch-Verfahren verwerten. „Der Energieertrag ist um zehn bis 30 Prozent geringer als bei der Nassvergärung.“ Andererseits erschließt man sich durch dieses Prinzip aber neue Substrate als Energiequellen.

Inzwischen gilt das Verfahren auch sicherheitstechnisch als unproblematisch. Das ist nicht ganz selbstverständlich: Sowohl beim Einbringen des Substrates als auch beim Austragen der ausgefaulten Biomasse durchläuft die Anlage zwangsläufig ein explosives Mischungsverhältnis von Methan und Luft. Während eine klassische Nassvergärung die kritische Gas-Luft-Konzentration in der Regel nur einmal beim Anfahren erreicht, ergibt sie sich beim Batch-Verfahren in jedem Gärzyklus aufs Neue. Doch das Risiko gilt unter Experten als kontrollierbar. „Sicherheitsbedenken werden die Technik nicht hemmen“, weiß Erwin Köberle, Ingenieur der Firma Biogaskontor im baden-württembergischen Obermarchtal.

Alle weiteren Detailfragen hinsichtlich der nutzbaren Substrate, der Gasausbeute und der optimalen Gärparameter soll am Ende das Forschungsprojekt der Uni Hohenheim beantworten. Doch schon heute hat die Feststoff-Fermentation im Batch-Verfahren sich den Ruf erworben, äußerst vielseitig einsetzbar zu sein: In einer Pilotanlage am Genfer See, so heißt es, wurde sogar schon Seetang vergoren.