Beruf und Familie ist nur was für Supereltern

Wenn Frauen Kinder bekommen, leidet oft die Karriere. Ohne Hilfe ist der Spagat zwischen Kind und Beruf kaum zu schaffen, zeigte eine Tagung im Rathaus. Dabei kann es sich die Gesellschaft nicht leisten, die Fähigkeiten von Frauen brach liegen zu lassen, sagt Kölns Gleichstellungsbeauftragte

Von Silke Freude

Stefan Müller, 25 Jahre alt, geht zum Vorstellungsgespräch. Der Chef fragt ihn: „Ja, Herr Müller, und wann haben Sie vor, Kinder zu bekommen?“ Verkehrte Welt? Nein, nur Rosa K. Wirtz‘ kabarettistische Sicht der Dinge.

Die meisten, die am Samstagmittag im Kölner Rathaus mit der humoristischen Einlage auf das Thema „Familie und Beruf – eine Herausforderung“ eingestimmt wurden, haben die Entscheidung für Kinder schon getroffen – und müssen jetzt mit den Konsequenzen klarkommen. „Liebe Eltern, bitte wandert nicht nach Pulheim in die Gärten ab“, appellierte Kölns Gleichstellungsbeauftragte Christiane Kronenberg bei der öffentlichen Fachtagung ans vorwiegend weibliche Publikum. Im Hintergrund tobte der bei der Betreuung abgegebene Nachwuchs, vorne machte Kronenberg plausibel, dass das Gemeinwesen einfach nicht auf arbeitende Mütter verzichten kann. Das Studium einer Frau koste rund 175.000 Euro, eine Ausbildung zur Bürokauffrau bis zu 50.000 Euro. „Wenn eine ausgebildete Frau wegen der Kinder nicht mehr arbeiten geht, ist das, als würde man einen Ferrari ungenutzt in die Garage stellen.“

Doch es geht auch anders und manche „haben es geschafft“: Zum Beweis zauberte Kronenberg eine Handvoll „Supermänner und -frauen“ aus dem Hut. Darunter Andrea Ferger-Heiter, Geschäftsführerin beim Kölner Kaufhof. Sie ist verheiratet und hat mit 34 ihren kleinen Sohn Felix (3) zur Welt gebracht. „Ich sitze jeden Monat mit vier Kalendern am Tisch und plane hin und her“, erzählt sie. „Es klappt nur, weil ich meinen Mann und Oma und Opa habe, auf die ich mich verlassen kann.“ Ihr Führungsjob im Einzelhandel verlangt längere Arbeitszeiten. „Mein Sohn schläft in der Mittagspause im Kindergarten und bleibt dafür abends länger auf – bis spätestens zehn Uhr.“ So hat sie Zeit, sich zusammen mit dem Mann intensiv um den Kleinen zu kümmern.

Ein wahrer Exot ist André Dierich. Der junge Mann arbeitet Teilzeit, weil seine Frau die Ausbildung zur Chirurgin machen wollte. Diese Entscheidung können viele seiner Geschlechtsgenossen offenbar nicht verstehen. „Die männlichen Kollegen meiner Frau haben sie gefragt, was sie denn da für einen Waschlappen zu Hause hätte“, erinnert er sich. Doch er ließ sich nicht von seinem „Eheprojekt gemeinsam leben, gemeinsam arbeiten“ abbringen. „Es ist schön, in beiden Welten unterwegs zu sein, in Familie und Beruf“, findet Dierich.

Karsten Heppner, Geschäftsführer bei T-Mobile, hält Teilzeitarbeit allerdings für ein zweischneidiges Schwert: „Von Managern werden immer noch bis zu sechzig Stunden Arbeit in der Woche verlangt.“ Wer da nicht mithalten kann, hat ein Problem, weiß der Vater zweier Kinder und wünscht sich von seiner Frau „ein bisschen mehr Unterstützung im Haushalt“. Hedel Wenner hat im Alleingang drei Kinder großgezogen, der Älteste ist 21, die Jüngste 14, „und ich sage Ihnen, ich wäre eine grottenschlechte Mutter, wenn ich nicht berufstätig wäre.“

Monika Kleine, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen, war 18 und in der 13. Klasse, als sie schwanger wurde. Mittlerweile ist ihre Tochter Ärztin und sie selbst um viele Stress-Erfahrungen reicher. „Wenn man allein erziehend ist, muss man sich eine andere Gruppe schaffen, die die Funktion der Familie übernimmt“, hat sie gelernt. Und eines sei sicher: Wer Beruf und Familie unter einen Hut kriegen will, hat das nie endgültig geschafft. „Das ist ein ständiger Prozess“, sind sich alle Superfrauen und -männer einig.

Wer diesen Prozess in seiner eigenen Familie vorantreiben will: Das Kinder- und Jugendamt hat eine zentrale Anlaufstelle für Fragen der Kinderbetreuung. Dort gibt es auch eine komplette Übersicht über Kölner Kingergärten, (integrative) Tagesstätten und Horte – inklusive der nicht-städtischen Einrichtungen.

Zu erreichen ist das Jugendamt telefonisch unter 0221/25 41 6 oder per E-Mail: jugendamt@stadt-koeln.de