Einsam im Schneeregen

X.A. Cute und Guillermo E. Brown pumpten umwerfende Riddims in den Güterbahnhof. Leider hörte sie kaum einer

Vielleicht war es der kalte Schneeregen. Aber das Konzert von X.A. Cute und Guillermo E. Brown, das im Jungen Theater/Güterbahnhof stattfand, war beschämend spärlich besucht. Dabei hätte man sich grandios warm tanzen können.

Das war mit dem ersten Riddim, den die Berliner mit umwerfender Wucht in die Halle pumpten, klar. Warm, pulsierend und klar wie Wasser tropften die Sounds von der Bühne. Die Stücke waren meist Dub-Reggae-basiert, ließen aber durchaus Platz für Improvisationen. Denis Jabusch und Boris Rähme sorgten an Bass und Schlagzeug für das rhythmische Fundament, auf dem sich dann Otto Madox an den Turntables mit reichlich HipHop-Einlagen und Dietmar Elflein am Mischpult mit gezielten Dubeffekten breit machten.

Überdies gab es auch noch originelle, punktgenau auf die Musik abgestimmte Videos von Camu Katse, die auch Sounds aus dem von ihr verwendeten Material mit einfließen lies. Von Sci-Fi-Trash-Collagen über die Widerspiegelung eigener Japan-Klischees (Martial Arts, Straßenzüge voller Leuchtreklame, Sushi) bis hin zu abstrakteren Formspielereien gab es einiges anregende zu sehen. Zum Arbeitsprinzip des Quintetts gehört es auch immer wieder, Gäste einzuladen: An diesem Abend begleitete sie der Gitarrist Yref, mittlerweile Dauergast, kongenial.

Der Spezial-Gast war allerdings Guillermo E. Brown aus Brooklyn. Eine feste Größe in der Downtown-New York-Free-Jazz-Szene, stellte der hauptberufliche Schlagzeuger des David S. Ware-Quartetts seine neuesten Solo-Arbeiten vor, bevor er gemeinsame Sache mit X.A. Cute machte. Mit Hilfe eines Laptops und diverser seltsam aussehender Sampler schuf er sich eine so simple wie kauzige Begleitung für seine Freeform-Raps, Gesangs- und Human-Beatbox-Einlagen: Ein eigenes Niemandsland, das vor allem sehr frisch und unterhaltsam rüberkam. Extrem gelungen. Dieter Wiene