Kosovo-Einsatz soll untersucht werden

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll Rolle von Bundeswehr und BND bei März-Unruhen klären

SARAJEVO taz ■ Heftige innenpolitische Reaktionen hat ein Bericht des ZDF ausgelöst, wonach ein Informant des BND die Demonstrationen militanter Albaner im Kosovo im März dieses Jahres, bei denen 21 Menschen ums Leben kamen und hunderte von serbischen Häusern sowie historische Denkmäler wie der orthodoxe Bischofssitz in Prizren niedergebrannt wurden, mit vorbereitet haben soll.

Abgeordnete von Union und FDP sowie der Grünen forderten am Wochenende sofortige Aufklärung über die Frage, ob der BND schon drei Wochen vor den Ereignissen von Angriffsplänen radikaler Kosovo-Albaner auf Serben gewusst hat – ohne etwas zu unternehmen oder die Bundeswehr zu informieren. CDU und Grüne wollen die Frage nach der Verantwortung des BND und der deutschen Truppen im Kosovo für die Ereignisse in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss klären.

In einem zweiten Bericht des ZDF am Samstagabend wurde der Informant, der Ex-UÇK-Kämpfer Samedan Xhesairi, als Sympathisant der islamisch-fundamentalistischen Terrororganisation al-Qaida dargestellt. Danach soll Xhesairi nach Abhörprotokollen von Geheimdiensten mit Kontaktleuten in Afghanistan und Irak telefoniert haben. Seine Telefonnummer sei bei den Unterlagen von al-Qaida in Afghanistan gefunden worden. Damit wäre Xhesairi, der auch noch mit dem CIA und dem österreichischen militärischen Geheimdienst in Verbindung gebracht wird, Doppel- oder Dreifachagent.

Die Bundesregierung will in den nächsten Tagen das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags informieren. Auch die Ausschüsse für Auswärtiges und Verteidigung wollen sich mit dem Thema befassen. BND-Chef August Hanning soll in den Verteidigungsausschuss geladen worden sein.

Unterdessen wies Samedin Xhesairi den Vorwurf zurück, er habe die Aktion selbst vorbereitet. Er habe lediglich davor gewarnt, dass „ein Funken genüge, um das Pulverfass Kosovo zur Explosion zu bringen“, erklärte er gegenüber der taz. Xhesairi, der während des Krieges im Kosovo als UÇK-Kämpfer in Prizren und später auch im mazedonischen Krieg im Raum Tetovo aktiv war, soll nach unterschiedlichen Quellen auch für die CIA und den österreichischen Geheimdienst gearbeitet haben.

Generalleutnant Holger Kammerhoff, von Oktober 2003 bis September 2004 Kommandeur der Kosovo Force (KFOR), erklärte gegenüber der taz, er habe keine Kenntnisse über die Aussagen Xhesairis gehabt. Informationen der Geheimdienste würden erst auf nationaler Ebene ausgewertet, bevor sie an Nato-Stellen weitergegeben würden.

Einen wichtigen Grund für die Eskalation im Kosovo sieht der General in dem Umstand, dass die von der Nato befehligten internationalen Friedenstruppen von Mai 2002 an entscheidend reduziert worden seien. „Die Nato hat 2002 beschlossen, die Truppenstärke um 23.000 Mann zu reduzieren. Im März 2004 waren noch 18.000 Mann im Kosovo stationiert.“ So hätte die KFOR nur die Hälfte aller serbischen Enklaven im Kosovo, wo immerhin noch 95.000 Menschen leben, schützen können. „Das hat eben dazu geführt, dass die Angreifer bei manchen Enklaven nur auf geringen Widerstand gestoßen sind.“

Die Nato sei aber in der Lage, jederzeit Verstärkungen in das Land zu bringen. Die Nato hätte im Vorfeld die Ereignisse genau beobachtet, aber die vorausgehenden Demonstrationen seien friedlich verlaufen. „Was nach dem Tod der drei albanischen Kinder kam, war eine Revolte, ein Ausbruch des Hasses auf die andere Ethnie. Es wurde an vielen Orten geschossen, einige serbische Enklaven, die angegriffen wurden, waren ungeschützt, weil keine Kräfte mehr für diesen Schutz vorhanden waren.“ ERICH EATHFELDER

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