Kohl und Pinkel beim Perser am Eck

Zwei iranische Architekten eröffnen am Sielwalleck ein Bistro mit überraschendem Namen und stilbrechender Inneneinrichtung: Das „Café Kapelle“ mit Kuppeln und Fresken, aber ohne Beichtstuhl und Orgelmusik

Bremen taz ■ „Sielwalleck“ – ein Wort, und die grauen Bilder sind da: Junkies, Restpostenmärkte, Leerstand. Ab morgen hat das Eck einen leuchtenden Farbklecks: Das ehemalige Damenbekleidungsgeschäft „Moden Rehme“ erstrahlt in einem sonnigen Orange. Ab Samstag um 18 Uhr kann man den Farbklecks auch von innen begutachten: Leuchtende Ornamente auf lindgrünem Grund, Arabesken, Tiffany-artige Bleiglas-Wandlampen und Fresken zieren die Wände. Wo Almut Daasch bis vor zwei Jahren Blusen verkauft hat, können die BremerInnen im „Café Kapelle“ eine internationale Speisekarte in persisch-römischem Ambiente testen.

„Mexikanische, italienische und deutsche Küche“, kündigen Inhaber Abi Fakhari und sein Freund Vedad Ajam an. Die haben geschafft, was lange unmöglich schien: Sie haben eine Konzession für ihre Gaststätte bekommen. Ihr Ziel: Ein möglichst breites Publikum mit günstigen Preisen für sich und fürs Viertel zu gewinnen. Ausgerechnet persische Gerichte gibt‘s nicht. „Man bekommt in Deutschland nicht alle Gewürze, die man für die Speisen braucht, damit sie wirklich gut schmecken“, sagt Ajam. Und halbe Sachen mögen die beiden nicht. Dafür können die BremerInnen mit Kohl und Pinkel auf der Karte beim Perser am Eck rechnen.

Vor zwei Jahren hat der Architekt Abi Fakhari das Haus gekauft. Wie in einer kleinen Kirche sieht es in der „Kapelle“ allerdings nicht aus. Weder die bunten, arabisch anmutenden Deckenkuppeln, noch die leicht bekleideten römischen Figuren an den Wänden wirken besonders sakral. Auch Orgelmusik soll es nicht geben, „eher Soft Jazz und Lounge Musik“, sagt der Besitzer. „Der Stilbruch ist gewollt.“, ergänzt Vedad Ajam.

Fakhari kaufte das Haus, als es hieß, im Steintorviertel würden wieder Gastronomie-Konzessionen genehmigt. Die gab es seit den achtziger Jahren nicht mehr, weil die Stadt befürchtete, die Zahl der Kneipen würde überhand nehmen und den Einzelhandel verdrängen, erklärt Ortsamtsleiter Robert Bücking. Mittlerweile habe sich gezeigt, dass der befürchtete Trend zu Spelunken und einer „Red-lightisierung“ des Quartiers nicht stattfinde, sagt er. Trotzdem wäre Fakhari beinahe an den langsam mahlenden Mühlen der Bürokratie pleite gegangen: 17 Monate habe es gedauert, bis er eine Sondergenehmigung bekommen habe, berichtet er.

In dieser Zeit hat Fakhari mit vielen Freunden zusammen sehr viel Bauschutt aus dem Keller geschafft und mehrfach abgehängte Decken rausgebrochen, erzählt der Hausbesitzer. Die alte Deckenmalerei, die sie entdeckten – er vermutet, von 1865 –, haben die Männer vorsichtig wieder abgedeckt und die Glaskuppeln angelegt. Die anderen Schätze, die die Fakharis bei ihrer Arbeit ans Tageslicht befördert haben, wollen sie demnächst ausstellen.

Ulrike Bendrat