berliner szenen Alles mit Berlin-Effekt

Demos und Pandabären

Neulich auf dem Alexanderplatz: Auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für die Stiefmutter plötzlich und unvermittelt in einen Stoßtrupp Demonstranten geraten. Sie tragen Zettel mit der Aufschrift „Gekürzt“ und halten sich an zwei entscheidenden Ecken auf. In der einen spielen sie Fußball (Sportstudenten) zu laut dröhnender Musik aus dem Ghettoblaster, in der anderen versammeln sie sich im Halbkreis um ein Mikrofon. Das wird zunächst von einem grau melierten Herrn mit Aktentasche und langen Sätzen, später von einem der anderen Studenten belegt: Angehende Germanisten. Vorlesung im Freien. Beratschlagung bis zur nächsten Aktion: Studierende demonstrieren gegen Bildungsverfall und Haushaltskürzung. Ist ja ganz das Richtige und gehört zum Studium wie das schlechte Essen in der Mensa: Mindestens ein, zwei Semester müssen eingerechnet werden. Außerdem haben Demos auch soziale Effekte, eventuell lässt sich später mit jemandem ein Kaffee trinken gehen. Oder man erkennt sich beim Konzert der Lieblingsband am Abend wieder.

Gänzlich unbeteiligt gibt sich der Kiosk am Rande der Weltzeituhr, freut sich aber dennoch über die sonst eher unübliche, starke Frequentierung. Zwei freundliche Mitbürger diskutieren auf Türkisch, ob sie die Preise hochsetzen sollten. Studenten haben Geld, werden meistens noch von den Eltern finanziert. Apropos Eltern: Da ist ja noch besagtes Geschenk für die Stiefmutter. Ein Berlin-Souvenir soll es sein, etwas, das sie auf den Fernseher stellen kann. Ein Pandabär mit Krone und einem I-Love-Berlin-Schild, das wäre doch nett. Den gibt’s im Kiosk an der Weltzeituhr für 3 Euro 50. Das ist billiger als im Souvenirladen unten im Fernsehturm. RENÉ HAMANN