Roma und Afrikaner leiden in Europa am meisten

UMFRAGE Rassistische Übergriffe in der EU sind alltäglich und werden kaum gemeldet

BERLIN taz | Rassistische Graffiti an den Wänden, kein Zutritt für Afrikaner in der Disco, physische Aggressionen auf der Straße, ins Wohnhaus geworfene Granaten. Es gibt vielerlei Formen, wie sich Rassismus in Europa äußert. Dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sich in allen 27 Mitgliedsstaaten und allen Gesellschaftsschichten weit mehr eingenistet haben, als Experten bisher annahmen, bescheinigt eine EU-weite Umfrage unter Migranten und Angehörigen ethnischer Minderheiten, die Mittwoch in Brüssel von der Europäischen Grundrechteagentur (Efra) vorgestellt wurde.

„Die Erhebung zeigt, wie hoch die Dunkelziffer rassistisch motivierter Straftaten und Diskriminierung in der EU tatsächlich ist“, erklärte Efra-Direktor Morten Kjaerum: „Die offiziellen Zahlen zeigen nur die Spitze des Eisbergs.“ Den höchsten Grad an Anfeindungen beklagten die Roma. Jede und jeder Zweite habe in den vergangenen zwölf Monaten Diskriminierung erlitten. Deswegen wurden die Probleme dieser Gruppe in einem eigenen Bericht analysiert. Dieser zeichnet ein düsteres Bild der Lebensumstände der rund 12 Millionen über Europa verstreut lebenden Roma. Besonders krass ist die Lage in Osteuropa. 65 Prozent gaben an, wenig oder kein Vertrauen in die Sicherheits- und Justizbehörden des jeweiligen Landes zu haben.

Gleich an zweiter Stelle in der Skala der diskriminierten Minderheiten rangieren Schwarzafrikaner (41 Prozent) und dahinter Nordafrikaner mit 36 Prozent.

Die Umfrage, so Kjaerum, lege offen, dass die meisten Fälle rassistischer Aggressionen gar nicht bei den zuständigen Stellen gemeldet würden. Das treffe auf 82 Prozent der Befragten zu. Zwei Drittel wüssten gar nicht, an wen sie sich wenden sollten. Das bedeute, dass die Täter straflos davonkämen.

Die Efra gibt drei Empfehlungen: Die Staaten sollten dafür sorgen, dass das Problem der Diskriminierung der jeweiligen Bevölkerung bewusst werde und dass die Opfer von Übergriffen gehört und betreut würden. Gleichzeitig sollten diese ermutigt werden, Vorfälle zu melden.

Die in Wien ansässige Efra ging 2007 aus der Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hervor. Der eben präsentierte Bericht beruht auf der Befragung von 23.500 Mitgliedern ausgewählter ethnischer Minderheiten oder Migrantengruppen. Diese Umfrage ist die erste ihrer Art, die EU-weit erhoben wurde.

RALF LEONHARD