Eigennutz statt studentischer Revolution

Studierende sind nicht mehr per se gegen Unigebühren. Im Süden beginnt die Debatte, unter welchen Bedingungen Eigenbeiträge akzeptabel sind

Nein, die studentische Revolution ist nicht ausgebrochen in Deutschland. Denn die Studenten demonstrieren neuerdings nicht nur gegen Gebühren, sie diskutieren sie auch. Egal ob Dresden, Bamberg, Augsburg oder München – man wird sich nicht recht einig. Und so trommelten, pfiffen und sangen die Studis etwa in München für Bildung – aber nicht gegen Studiengebühren. Sobald es erkennbar um Politik geht, wird gemurrt.

Die Kürzungen sind der kleinste gemeinsame Nenner an bayerischen Unis. Das bestätigt auch die Augsburger Asta-Sprecherin Ana-Maria Ianc: „Die Kürzungen sind viel akuter als die Gebühren.“ Auch an ihrer Uni gebe es, wie in München und anderen bayerischen Städten, Fachschaften, die nur dann mitdemonstrieren, wenn sich der Protest nicht gegen Uni-Gebühren richtet.

An der TU München haben die Studenten gar unter Federführung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) ein konkretes Gebührenmodell entwickelt. Wobei die gar nicht „willfährig“, sondern „eigennützig“ waren, wie Frank Ziegele, Projektleiter des CHE, berichtet. „Sie sind sehr entschieden aufgetreten, haben aber auch erkannt, dass es für Studenten sinnvoll sein kann.“

Ziegele versteht auch, dass es Widerstand gegen Gebühren gibt: „Viele Studenten glauben nicht ganz zu Unrecht, dass Studiengebühren zu einem Dammbruch in der Finanzierung führen könnten.“ In einer Umfrage sprachen sich dann auch 80 Prozent der Studierenden gegen Studiengebühren aus. Es sei nur zu spät für Ängste – denn „das Konzept ist da, es fehlen nur noch die gesetzlichen Rahmenbedingungen“, so Ziegele.

Während die Studenten in Bayern Gebührenmodelle bisher nur mitdenken, wird andernorts regelrecht darum gebettelt. In Sachsen etwa schlug der „Ring Christlich-Demokratischer Studenten“ von sich aus eine Studiengebühr von 1.500 Euro pro Semester vor. Aber auch liberalere Gruppierungen, wie das „Unternehmen Selbstbeteiligen“ an der Uni Dresden, wollen eine gewisse Eigenfinanzierung – um die Finanzsituation der Uni zu verbessern. Nach ihrem Modell sollen die Studenten 100 Euro pro Semester an einen studentischen Verein überweisen, der wiederum schüttet das Geld an Fakultäten aus, an denen sich die Lehre verbessert hat.

Auch Cathleen Bachmann, Referentin Lehre und Studium an der TU Dresden, berichtet von anhaltenden Diskussionen innerhalb der Studentenvertretung, deshalb habe man sich noch nicht festgelegt. Eine Umfrage unter 3.500 Studenten habe gezeigt, dass mehr als ein Viertel Eigenbeiträge der Studis befürworten. Gezeigt habe sich aber auch, dass viele Studenten nicht so recht wissen, worüber sie abgestimmt haben. „Mein Eindruck ist, dass viele keine Ahnung haben von der Gebührendiskussion und entweder kategorisch dafür oder dagegen sind“, berichtet Bachmann, die die Studie auch betreut hat. „Die Studenten mit besserem Wissen haben das Problem differenzierter betrachtet, etwa Studiengebühren nur zugestimmt, sofern die bisherige Finanzierung seitens des Staates gleich bleibt.“

MAXIMILIAN HÄGLER