Al-Qaida kommt fast ungehindert rein

UN-Experten-Bericht spricht vom „Schlachtfeld“ Irak und beklagt fehlende Kooperationsbereitschaft in Nahost

GENF taz ■ Der Irak sei für al-Qaida zum „Schlachtfeld“ geworden, heißt es in dem am Montag in New York veröffentlichten jüngsten Bericht des „UNO-Sanktionkomitees für al-Qaida, die Taliban und Verbündete“. Nach Einschätzung des Komitees habe Ussama Bin Ladens Terrororganisation und Anhänger „anderer muslimischer Kampftruppen“ im Irak einen fruchtbaren Boden gefunden“ und breite sich „fast ungebremst“ weiter aus. Der UNO-Sicherheitsrat hatte das Gremium nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zur Koordination der internationalen (nichtmilitärischen) Maßnahmen gegen den Terrorismus eingerichtet.

Die Terroristen hätten einen „ungehinderten Zugang“ zum Irak, heißt es in dem Bericht weiter. Mit Blick auf die rund 180.000 anglo-amerikanischen Soldaten im Irak und die mit ihnen verbündeten Truppenkontingente anderer Staaten heißt es wörtlich: „Durch die vielen ausländischen und nichtmuslimischen Soldaten erweist sich der Irak als ideales Schlachtfeld für die Gefolgsleute der von Ussama Bin Laden inspirierten ‚Muslimischen Weltfront für den Dschihad‘ (Heiliger Krieg) gegen die Juden und Kreuzritter.“

Woher genau diese Erkenntnisse stammen und wie gesichert sie sind, geht aus dem Bericht nicht hervor. Bei seiner Vorstellung in der New Yorker UNO-Zentrale erklärte der Vorsitzende des Komitees, Michael Chandler, denn auch einschränkend, es sei noch „zu früh“, die bisherigen Angriffe auf US-Truppen und ihre Verbündeten al-Qaida zuzuschreiben. Es wurde lediglich bekannt, dass Mitglieder des Komitees im September durch den Nahen Osten gereist waren, um Informationen zu sammeln.

Nur ein Teil des Berichts ist der Lage im Irak gewidmet. Darüber hinaus konstatiert das Komitee eine „zunehmende Gefahr“, dass chemische, biologische Waffen oder so genannte schmutzige Bomben (mit radioaktivem Material angereicherte konventionelle Sprengköpfe) durch Terroristen eingesetzt werden. Al-Qaida habe sich bereits grundsätzlich für die Verwendung derartiger Waffen bei künftigen Anschlägen entschieden, erklärte Chandler. Einziges Hindernis sei bislang „die Komplexität der erforderlichen Technik und ihre wirksame Umsetzung bei einem Anschlag“.

Auch das Risiko des terroristischen Einsatzes transportabler Luftwabwehrraketen ist gewachsen, schreibt das Komitee. Die UNO müsse dafür sorgen, dass die verschiedenen nationalen oder zwischenstaatlichen Kontrollregimes für derartige Raketen international aufeinander abgestimmt werden, damit al-Qaida und ihre Verbündeten nicht in ihren Besitz kämen.

Mehrfach beklagt das Bulletin die mangelnde Kooperation einiger Staaten vor allem im Nahen Osten sowie die fehlende Umsetzung international vereinbarter Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus. So habe Saudi-Arabien Mitgliedern des Komitees bei ihrer Nahostreise die Einreise versagt. Kuweit hielt Informationen über die Wohltätigkeitsorgansation Wafa zurück, die mit al-Qaida kooperieren soll. Jemen verweigerte die Herausgabe der Namen jener Männer, die im Zusammenhang mit dem Anschlag auf den US-Zerstörer „USS Cole“ vor drei Jahren festgenommen worden waren. Ägypten erklärte, eine UN-Anfrage über Personen auf der Liste der al-Qaida-Verdächtigen nie erhalten zu haben. Auch Jordanien, Syrien und Marokko verhielten sich dem Bericht zufolge nur wenig kooperativ. Nur in 21 von 83 Ländern, in denen al-Qaida nach Einschätzung der UN-Experten über Konten verfügt, seien diese Mittel eingefroren, heißt es schließlich. Von insgesamt 75 Millionen Dollar seien 70 Millionen in den USA eingefroren. ANDREAS ZUMACH