Atomruine ab nach China

Bundeskanzler Schröder will Hanauer Atomfabrik an China verkaufen und Waffenembargo beenden. Grüner Koalitionspartner protestiert gegen „unglaubwürdige Regierungspolitik“

BERLIN taz ■ Der geplante Verkauf der Hanauer Plutonium-Fabrik an China sorgt für Streit in der rot-grünen Koalition. Mehrere Abgeordnete der Grünen kritisierten gestern eine entsprechende Ankündigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Auch die vom Kanzler vorgeschlagene Aufhebung des Waffenembargos gegen China stößt auf Ablehnung.

„Man kann nicht den Atomausstieg beschließen und dann mit der Atomenergie Geschäfte im Ausland machen“, kritisierte der grüne Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann gegenüber der taz. „Das macht die Regierung unglaubwürdig.“ Auch Winfried Nachtwei (Grüne) kündigte an, er wolle ein Verbot des Exports rechtlich prüfen lassen. „Entscheidend ist dabei, ob es ein Proliferationsrisiko gibt“, sagte Nachtwei der taz. Der grüne Abgeordnete Reinhard Loske sagte der taz, es gebe atomrechtlich keine Handhabe, „diese Sache“ zu verhindern. Es werde jedoch keine Hermes-Bürgschaften zur finanziellen Absicherung eines Exports geben.

Vor einer Weiterverbreitung von Technologie für Atomwaffen warnten auch Greenpeace und die Ärzteorganisation IPPNW. Mit der Fabrik könne so genannter MOX-Brennstoff produziert werden, der für Bauteile von Atombomben Verwendung finde, erklärte Greenpeace.

Schröder erklärte bei seinem China-Besuch, es sehe nicht so aus, als ob es unbedingt etwas gebe, das gegen den Verkauf spräche. Der Siemens-Konzern beantragte bereits beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle den Verkauf der Anlage. Das 1991 fertig gestellte Werk sollte ursprünglich plutoniumhaltige Brennstäbe herstellen, war aber in Deutschland nie in Betrieb gegangen.

Auf Kritik stieß auch die Zusage Schröders, sich für eine Aufhebung des Waffenembargos gegen China einzusetzen. „Es gibt keine Gründe für eine Aufhebung des Embargos“, sagte Nachtwei. Es gebe darüber auch keine abgeschlossene Meinungsbildung in der Regierung. Nachtwei wies auf die „katastrophale Menschenrechtssituation in China“ und die hohe Zahl von Todesurteilen hin. Auch der grüne Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele lehnte ein Ende des Embargos ab.

Kritisch äußerte sich auch die EU-Kommission. China müsse erst nachweisen, dass es Fortschritte bei der Wahrung der Menschenrechte gemacht habe, sagte eine Sprecherin von EU-Außenkommissar Chris Patten in Brüssel. A. SPANNBAUER

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