Abrissarbeiten am laufenden Rad

Teile des Bahnhofs Warschauer Straße sollen abgerissen und umgestaltet werden. Ende 2005 ist auch das Ostkreuz dran. Wie lange die Arbeiten dauern werden, ist unklar

Die Tage des S-Bahnhofs Warschauer Straße sind gezählt. Wo heute Tag und Nacht Menschenmassen von und zu den U- und S-Bahnhöfen und den Tramstationen strömen oder in tristen Unterständen an den Bahnsteigen unterhalb der Warschauer Straße auf ihre nächste Wegkommmöglichkeit warten, werden bald Abbruchgeräte das muntere Treiben zumindest stören.

Zwar wird der Haltepunkt nicht vom Netzplan verschwinden, architektonisch aber sollen das mittlerweile ziemlich marode gewordene Zugangsgebäude und die dazugehörigen Treppenanlagen zu den S-Bahn-Gleisen komplett abgerissen und neu gebaut werden – bei laufendem Fahrbetrieb. Der Beginn der Baumaßnahmen ist für 2005 angesetzt, davor soll eine 134 Meter lange provisorische Brücke, die die Bahnsteige mit der Warschauer Straße verbindet und so den alten Banhofseingang ersetzt, errichtet werden. Eine direkte Verbindung des S-Bahnhofs mit der gegenüber liegenden U-Bahn-Station ist wegen des dazwischen laufenden Regionalverkehrs zumindest provisorisch nicht möglich.

Der Bahnhof, der zu großen Teilen noch aus dem 19. Jahrhundert stammt, aber im Zweiten Weltkrieg stark gelitten hat und zusätzlich noch in den 1980er-Jahren diversen Renovierungen ausgesetzt war, soll nun einen „funktionellen Zugang“ bekommen, so Holger Anferkamp, Sprecher der Deutschen Bahn. Am Ende wird dann alles schön und neu, und es wird nur noch zwei Bahnsteige geben, jeweils einen für jede Fahrtrichtung. „Das wird dann vor allem für Touristen sehr viel übersichtlicher“, sagt Anferkamp. Verantwortlich für das ganze Projekt ist die Deutsche Bahn AG, der das Schienennetz und die Bahnhöfe der Berliner S-Bahn gehören.

Die Baustelle an der Warschauer Straße ist aber nicht als Einzelphänomen zu betrachten, sondern vielmehr im Gesamtkonzept mit der Umgestaltung des Ostkreuzes zu sehen. Dort ist der Beginn der Bauarbeiten allerdings auf Ende 2005 verschoben worden. Den Grund für die Verschiebung liefert das Land Berlin, das die dort verlaufende Hauptstraße auf vier Spuren verbreitern will, was eine Aufweitung der Eisenbahnbrücke notwendig macht. Dies wiederum erfordert ein neues Planfeststellungsverfahren und damit auch eine neue Ausschreibung des Projekts. Diese kann so frühestens im Frühsommer 2005 stattfinden, so dass selbst der Gedanke an einen Baubeginn gegen Ende des Jahres sehr optimistisch scheint.

Am Ostkreuz sollen dann neue Zugänge geschaffen werden und das Schienensystem soll kundenfreundlicher, also übersichtlicher gestaltet werden. Über Kosten und Zeitaufwand dieser Um- und Neubauten schweigt die Bahn sich noch aus. Bahnsprecher Anferkamp: „Es wird schon eine Weile dauern, aber wir werden alles am laufenden Rad machen müssen.“ Kurzfristige Einschränkungen im Bahnverkehr schließt er allerdings nicht aus. Bahnfahrer, die auf die Bahnlinien S3, S5, S7, S9 oder S75 angewiesen sind, können sich also auf spannende Zeiten freuen, besonders in den Bereichen Ostkreuz und Warschauer Straße. Ob auch der gesamte S-Bahn-Ring unter den baulichen Transformationen am Ostkreuz zu leiden haben wird, ist noch nicht abzusehen. TORBEN IBS