Auszeichnung für eine schwache Leistung

Organisationen behinderter Menschen verleihen dem Bremer Senat den Anti-Preis „Lachnummer 1. Klasse“ für den Entwurf des Landesgleichstellungsgesetzes, dass sehr viele Regelungen unter Finanzierungsvorbehalt stellt

Bremen taz ■ „Dieser Entwurf ist nicht das Papier wert, auf dem er steht“, schimpfte Dieter Stegmann von der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) „Hilfe für Behinderte Bremen e.V.“ in seiner Laudatio. Die hielt er gestern anlässlich der Preisverleihung der „Lachnummer 1. Klasse“ an den Bremer Senat. Grund des Ärgers der LAG „Hilfe für Bremen“ und des Vereins „Selbstbestimmt Leben“: Der Entwurf eines bremischen Landesgleichstellungsgesetzes für behinderte Menschen.

„Wir hatten uns mit allen Beteiligten auf einen Minimalkonsens geeinigt,“ erklärt Stegmann weiter. „Jetzt hat der Senat alles, was Behinderte in den Entwurf reingeschrieben haben, wieder raus gestrichen, oder unter einen Finanzierungsvorbehalt gestellt.“ Ob die Behinderten einen unabhängigen Beauftragten für all ihre Belange bekommen, klärt sich in einem Gespräch am 8. Dezember.

Seitens der Betroffenen sind Wut und Enttäuschung groß. Seit 1994 steht im deutschen Grundgesetz, dass Menschen aufgrund ihrer Behinderung nicht benachteiligt werden dürfen. 1996 kam aus Bremen ein Gesetzentwurf, der Grundlage für das heutige Bundesgleichstellungsgesetz ist. Seit 1997 gebietet die Bremische Landesverfassung in ihrem Artikel zwei den besonderen Schutz des Staates für behinderte Menschen und Beseitigung bestehender Benachteiligungen. „Da haben wir gedacht, das Landesgleichstellungsgesetz ist ein Selbstgänger“, erinnert sich Matthias Weinert, erster Vorsitzender der LAG „Hilfe für Behinderte“. Aber anstatt dass Bremen eines der ersten Bundesländer mit einem Landesgleichstellungsgesetz geworden wäre, ist es nun eines der letzten, die noch keines haben. „Der vorliegende Entwurf fällt auch noch hinter das Bundesgesetz zurück“, ärgert sich Dieter Stegmann. Vor allem der Finanzierungsvorbehalt für alle baulichen Veränderungen zur Barrierefreiheit führe dazu, dass scheinbar geltendes Recht nicht einklagbar sei, eben wegen dieses Vorbehalts. Das würden sich weder das Bundesgesetz noch andere Länder erlauben, erklärt er. Ausnahmen: Bremen und Rheinland-Pfalz.

Heidrun Ide, Sprecherin von Gesundheitssenatorin Karin Röpke (SPD), wies die „Pauschalkritik einer Lachnummer“ zurück. Der Senat habe noch nichts entschieden, der Entwurf müsse noch beraten werden. Außerdem müsse man „auch sehen, was machbar ist“, sagte Ide. Sie hob hervor, dass in dem Gesetzentwurf etwa das Verbandsklagerecht verankert würde. Auch solle das Gesetz für Behörden verbindlich gelten, was weiter gehend sei als in anderen Landesgleichstellungsgesetzen, die nur verlangten, dass auf eine Verbesserung der Situation „hingewirkt werden“ solle. Stegmanns Kommentar hierzu: Bremen lagere seine öffentlichen Aufgaben aus; für die städtischen Gesellschaften gelte das Gesetz nicht. VertreterInnen des Senats waren zur Preisverleihung nicht erschienen. Ulrike Bendrat