Apartheid „praktisch und vernünftig“

Neu veröffentlichte Dokumente aus den 70er-Jahren belegen: NS-Verbrecher Mengele zeigte bis zuletzt keine Reue

PORTO ALEGRE taz ■ Die brasilianische Tageszeitung Folha de São Paulo hat bislang unbekannte Dokumente über das Leben des NS-Verbrechers Josef Mengele publiziert. Aus den am Sonntag und Montag auszugsweise veröffentlichten Aufzeichnungen und Briefen Mengeles geht nicht hervor, dass der KZ-Arzt bis zu seinem Tod 1979 Reue wegen seiner Verbrechen gezeigt hätte. Die 85 Dokumente, aus denen die Zeitung zitierte, hatte die Polizei 1985 in São Paulo sichergestellt. Mengele verteidigt in den Schriftstücken das südafrikanische Apartheidsregime, lässt sich über die „Andersartigkeit der Rassen und Völker“ aus und beklagt seine Einsamkeit. 1974 dachte er offenbar über eine Rückkehr nach Europa nach.

„Es ist also zu hoffen, dass der Vermischungsprozess wenigstens in Europa auf die einander nahe verwandten Rassen beschränkt bleibt“, schrieb er 1972. „Auf anderen Kontinenten sind die überzeugendsten, natürlichen Experimente der Rassenmischung über die Bühne gegangen, und man kann doch wohl sagen, mit wenig erfreulichen Ergebnissen.“ Das Apartheidsystem lobte er als „praktische und vernünftige Anwendung anthropologischer Erkenntnisse“.

Mengele sei ein „Monster“ gewesen, sagte Henry Sobel, der Oberrabbiner der jüdischen Gemeinde in São Paulo.

Von 1943 bis 1945 leitete Mengele zahlreiche Menschenversuche im NS-Vernichtungslager Auschwitz. Nach dem Krieg schlüpfte er bei einem Landwirt in Oberbayern unter, 1949 nahm er ein Schiff nach Argentinien. Dort wurde er von Nazis wie dem Piloten Hans Ulrich Rudel in Empfang genommen. 1959 zog er nach Paraguay, ein Jahr darauf nach Brasilien. Im Februar 1979 ertrank er an einem brasilianischen Badestrand. GD